„Hattrick“ im Gärtnerplatztheater: Fußball? Ballett!

Im Gärtnerplatztheater wird „Hattrick“ gespielt. Hier spricht der Macher über die Kombination – und verrät, welchen Spieler des FC Bayern München er bewunderte.
von  Matthias Kerber
Ein etwas anderer Tanz auf dem Rasen: Das Fußball-Ballett „Hattrick“.
Ein etwas anderer Tanz auf dem Rasen: Das Fußball-Ballett „Hattrick“. © ho

München - Der Norweger Jo Strømgren absolvierte eine Ballett-Ausbildung und arbeitet als Choreograph und Regisseur.

Herr Strømgren, am Samstag findet im Gärtnerplatz-Theater die Uraufführung des Fußball-Balletts „Hattrick” statt. Sie sind einer der drei Choreographen. Fußball und Ballett – klären Sie uns doch mal auf, wie Sie auf die Idee kamen diese beiden Welten, die ja nicht nur auf den ersten Blick nicht so viel gemein haben, miteinander zu verwurschteln...

JO STROMGREN: Ich denke, wenn man als Junge in Europa geboren wird, dann werden einem ein paar Grundbedürfnisse mit in die Wiege gelegt. Man will essen, auf die Toilette gehen – und man will unbedingt Tore schießen. Das verstehen zwar Amerikaner und Australier nicht unbedingt, aber es ist in unseren Genen. Ich wollte immer Fußballer werden und es war ein Schock, festzustellen, dass es dafür nicht reicht. Ich habe mir ein anderes Betätigungsfeld suchen müssen. Ich war dann Tänzer. Irgendwann hatte ich und meine Freunde genug von der hohen Kunst und da wir alle Fußballer waren, bevor wir tanzten, erinnerten wir uns wieder an diese Leidenschaft. Und wir haben das miteinander verbunden.

Das Fußball-Ballett war geboren.

Ja, wir wollten Schranken einreißen. Ich komme aus Norwegen, war aber lange in England. Dort gibt es eine extreme Trennung zwischen der Arbeiterklasse und der gehobenen Klasse. Letztere kümmert sich um Kultur, die Arbeiterklasse liebt Fußball. Da gibt es kaum Menschen, die aus diesen Grenzen ausbrechen. Wir wollten etwas bieten, wo sich keiner aus diesen Gruppen schämen muss, wenn er sich das anschaut – oder eben alle (lacht).

Kann man überhaupt diesen beiden Sujets gleichzeitig gerecht werden? Oder darf es ruhig auch lächerlich sein?

Ganz klar, dieses Aufführung hat sich nicht zum Ziel gesetzt, die Welt zu verändern, den Planeten zu einem besseren Ort zu machen. Es war eine Idee, die wir hatten, die uns Spaß gemacht hat. Das ging 1997 los und seitdem haben wir es etwa 600 Mal gezeigt. Und wissen Sie was, es war eine der schnellsten Produktionen, ich musste anders als bei anderen Themen keinerlei Recherche betreiben. Sie wissen ja, Fußball ist in unseren Genen (lacht). Wir haben das Fußball-Ballett dann vorgeführt, die Leute haben es angesehen. Und dann ist etwas Eigenwilliges passiert! Welch’ Spannung!

Dürfen wir Sie bitten, diese dramatische Entwicklung zu enthüllen?

Ja. Die Deutschen kamen!

Das hat historische Tiefe und Brisanz.

Ja, die Deutschen sahen das Stück und sie intellektualisierten es. Sie deckten ungeahnte Bedeutungen, Zusammenhänge, Verwicklungen auf. Und sie hielten Podiumsdiskussionen zu der Thematik des Fußball-Balletts ab.

Podiumsdiskussionen, das klingt sehr deutsch.

Absolut, so deutsch, dass wir in Norwegen gar kein Wort dafür haben. Und so wurde das Fußball-Ballett, das wir ins Leben gerufen hatten, weil wir gerade von der Kunst genervt waren, zu hoher Kunst.

Was war denn Ihr persönliches Fußball-Highlight?

Eindeutig, als Norwegen Brasilien mit 2:1 besiegt hat. Leider saß ich da genau in 10.000 Meter Höhe über der Erde in einem Flieger. So war mein Highlight auch mein Anti-Highlight.

Wo sehen Sie denn Parallelen zwischen Tanz und Fußball?

Natürlich in der Körperbeherrschung. Beides ist gut für die Figur, was man ja vom passiven Konsum des Sports auf dem Sofa nicht sagen kann. Ansonsten finde ich die Verbindung sehr gelungen, weil viele Politiker ja oft in dem Dilemma stecken, sollen sie die öffentlichen Gelder in den Sport oder in den Fußball pumpen.

Hier schlägt der Politiker gleich zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn er das Stück fördert.

Ich dachte eher an eine doppelte Förderung, die für Sport und Fußball gemeinsam in das Stück zu stecken (lacht).

Welchem Fußballer würden Sie denn ein tänzerisches Talent bescheinigen? Einem Ronaldo etwa mit seiner ausufernden Theatralik?

Der Fußball hat für mich durch seine Überkommerzialisierung seinen Reiz verloren. Ich liebe Fußball, ich halte gerne mal an, wenn ich an einem kleinen Fußballfeld vorbeifahre, an dem es noch keine Tribünen gibt, wo die Leute einfach aus purer Leidenschaft spielen.

Oder, weil es in Ihren Genen verankert ist.

Oder so! Ich mag auch Weltmeisterschaften, wo Spielsysteme aufeinandertreffen, bei denen niemand sagen kann, was dabei rauskommt. Wenn Chile gegen Kroatien spielt, wer weiß da schon, was passiert?

Wir waren aber eigentlich mal bei Ronaldo...

Ach ja, ich muss sagen, sein Auftreten verzaubert mich nicht, es bezaubert mich nicht. Ich kann damit wenig anfangen. Aber auch bei einem Lionel Messi, einem Zlatan Ibrahimovic fehlt für mich der Zauber des Fußballs.

Wer hatte den für Sie?

Karl-Heinz Rummenigge! Das war mein Held, mein König, keiner war in meinen Augen besser. Als Fußballer! Aber ich denke, man darf mit Fug und Recht behaupten, dass er sicher nichts mit einem Tänzer gemein hatte auf dem Platz. Er war eher ein Zug, eine Lokomotive, die alles überrannte, aber nicht wirklich ein Tänzer.

Er war wohl nicht das Vorbild für Ihr Fußball-Ballett.

Sicher nicht!

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