Hat er eine Autistin vergewaltigt?

Der Angeklagte sagt nichts mehr. Er hatte beim ersten Prozess aber behauptet, er habe sofort von der Frau abgelassen, als sie "Nein" schrie.
von  John Schneider
Vor dem Prozess: Henry V. auf der Anklagebank.
Vor dem Prozess: Henry V. auf der Anklagebank. © jot

München -  Es wäre seine Chance gewesen, im Revisionsprozess noch einmal zu erklären, wie sich der Vorfall aus seiner Sicht abgespielt hat. Doch der 31 Jahre alte Angeklagte zog es am Dienstag vor, zu dem Vorwurf der Vergewaltigung einer Autistin schweigen. Dabei hatte er in der Erstauflage des Prozesses seine Unschuld beteuert und sich bei Verkündung des Schuldspruchs auf den Boden geworfen.

Gestern aber blieb die Version der Anklage unwidersprochen. Demnach soll Henry V. (Name geändert) eine Autistin (29) am 24. November 2014 am Miesbacher Bahnhof kennengelernt und dann in seine Unterkunft in Weyarn gelotst haben. Dort habe er die Tür verschlossen, um ungestört Sex mit der Frau haben zu können.

Der Bundesgerichtshof kippte das Urteil

Er habe sie dann an den Handgelenken gepackt und vom Stuhl auf das Bett gezerrt. Laut Anklage versetzte die Frau dem 31-Jährigen eine Watschn und schrie „Nein“. Doch der ließ nicht etwa von ihr ab, sondern zog sie gegen ihren Willen aus und vergewaltigte sie. Der jungen Frau gelang danach die Flucht durch das Fenster.

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Henry V. war 2015 zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter hielten die Aussage der Frau für glaubwürdiger als den Mann, der erklärte, er habe beim ersten „Nein“ von ihr abgelassen. Und das obwohl die psychisch kranke Frau zugeben musste, dass sie bei der Polizei noch falsche Angaben gemacht und von einer Messer-Bedrohung gesprochen hatte. Der Bundesgerichtshof kippte das Urteil.

Als die Richterin des Revisionsprozesses sich bei der Mutter des Opfers nach dem Vorfall erkundigt, bricht diese in Tränen aus. Spätestens da wird klar, dass auch die Neuauflage des Prozesses zu einer hoch emotionalen Angelegenheit wird.

 

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