Hat die Stadt ein Grundstück viel zu billig verschleudert?

München - In nur drei Monaten den Wert eines Grundstücks verdoppeln, ohne dass darauf viel passiert? Geht scho, in München. Und den großen Gewinn macht nicht die Stadt, der das Grundstück erst gehörte, sondern ein privates Immobilienunternehmen.
Das wollen die Stadträte der Fraktion Grüne/Rosa Liste erfahren haben. In einer Anfrage schreiben die Grünen-Politiker Herbert Danner, Gülseren Demirel und Oswald Utz an den Oberbürgermeister Dieter Reiter, dass sie aus „einschlägig gut informierten Immobilienkreisen“ folgende Information bekommen haben: Ein Kerngebietsgrundstück im Münchner Norden sei letztes Jahr von der Stadt München an ein privates Immobilienunternehmen verkauft worden. Der Kaufpreis: 8,8 Millionen Euro.
Nur drei Monate später habe das Immobilienunternehmen das Grundstück dann an eine andere Immo-Firma weiterverkauft – für 18 Millionen Euro. In nur drei Monaten soll sich der Preis des Grundstücks also mehr als verdoppelt haben. Macht eine Rendite von 104,5 Prozent – sagenhaft!
Wie kommt es zu so einem „grandiosen Spekulationsgewinn“, fragen sich die Stadträte von Grünen und Rosa Liste. Dass der Wert in dieser Zeit objektiv so stark gewachsen sei, schließen sie aus. Wie könnte es dann zu der Preisexplosion gekommen sein?
Die Politiker der Fraktion Grüne/Rosa Liste formulieren ihren Verdacht vorsichtig: „Ist es möglich, dass das städtische Bewertungsamt hier die Marktlage nicht marktkonform eingeschätzt hat?“ Anders gesagt: Hat die Stadt ihr wertvolles Grundstück viel zu billig verscherbelt und damit Millionen an Spekulanten verschenkt?
„Niemand kennt den Markt besser als das Bewertungsamt“
Das Kommunalreferat sagt: Nein! „Niemand kennt den Münchner Immobilienmarkt besser als das städtische Bewertungsamt“ sagt Bernd Plank, Sprecher des Kommunalreferats. „Auch in diesem Fall war die Bewertung richtig.“ Der Unterschied zwischen den beiden Kaufpreisen lasse sich leicht erklären: Die Stadt hatte das Grundstück als Kerngebiet ausgewiesen, also als Areal, auf dem beispielsweise Büros oder Gewerbe möglich sind. Das Grundstück wurde ausgeschrieben und an den Höchstbietenden verkauft. „Das Gebot lag nicht unter dem vorher ermittelten Marktwert“, sagt Bernd Plank. „Sonst dürften wir das Grundstück gar nicht verkaufen.“
Der neue Eigentümer habe das Grundstück „weiterentwickelt“ und mit Gewinn wieder verkauft. „Das ist nicht ungewöhnlich, sondern daily business“, sagt Bernd Plank.
Fraglich ist, wie man ein Gelände in nur drei Monaten so weiterentwickeln kann, dass es plötzlich doppelt so viel wert ist? Und: Was soll darauf jetzt entstehen?
Am Flächennutzungsplan und am baulichen Zustand des Grundstücks hat sich nach AZ-Informationen in dieser Zeit nichts geändert. Die „Weiterentwicklung“ war ein städtebaulicher Wettbewerb, bei dem Architektenteams Pläne für das Grundstück ausgearbeitet haben. Der Wettbewerb soll aber zum Zeitpunkt des zweiten Verkaufs noch gar nicht abgeschlossen gewesen sein.
Das ärgert Herbert Danner von den Grünen: „Wenn ein nicht mal fertiger Wettbewerb solch enorme Auswirkungen auf den Wert eines Grundstücks haben sollte, dann müsste die Stadt künftig ja nur noch nach solchen Wettbewerben verkaufen.“ Sonst würde die Stadt ja Geld verschenken.
Das tut sie aber nicht, sagt Bernd Plank vom Kommunalreferat: „Wir haben das Areal mit einer Kaufpreiserhöhungsklausel verkauft.“ Das heißt, wenn es mit Profit weiterverkauft wird, bekommt die Stadt einen Anteil vom Gewinn. Wie viel, das könne er nicht sagen. Auch die genannten Kaufpreise könne das Referat weder dementieren noch bestätigen. Christian Pfaffinger