Hass trifft LGBTI-Flüchtlinge: Petition für geschützte Unterkünfte

Nachdem Geflüchtete in einer Flüchtlingsunterkünft massiv bedroht wurden, startet das Schwule Beratungszentrum in München eine Petition für geschützte Unterkünfte.
von  Jasmin Menrad
Hanaa (links) und Rogers mit der Morddrohung, die sie in ihrem Zimmer gefunden haben.
Hanaa (links) und Rogers mit der Morddrohung, die sie in ihrem Zimmer gefunden haben. © Jasmin Menrad

München - "Was haben wir getan? Wir sind doch nur wir", sagt Rogers. Er weiß, dass es keine Antwort gibt. Wir, das sind Hanaa (25) und Rogers (31), die stellvertretend für die meisten LGBTI-Geflüchtete, also lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/transgender und intersexuelle, von Diskriminierung und Gewalt in Flüchtlingsunterkünften erzählen. Und sie haben Forderungen an die bayerische Staatsregierung.

Beim Duschen fotografiert

Hanaa ist eine Transfrau aus Tansania, Rogers ein Schwuler aus Uganda. Ihre Heimat mussten sie verlassen, da das Leben dort für sie zu gefährlich wurde. Rogers arbeitete als Schauspieler, als Manager einer Sängerin, aber auch als LGBTI-Aktivist. In Uganda ist Homosexualität strafbar, Rogers saß deshalb sogar im Gefängnis. "Ich kam hierher, um Frieden und Freiheit zu finden."

In der Unterkunft in Fürstenfeldbruck ist es Alltag für Hanaa und Rogers, dass sie unter Beobachtung stehen und angefeindet werden. Hanaa erzählt, wie ein Mann sie beim Duschen fotografiert hat. Die Caritas, der Sozialdienst vor Ort, bringt Hanaa und Rogers zusammen mit einem schwulen Mann in einem Zimmer unter, um sie zu schützen. Da spricht es sich rum, dass die Schwulen zusammen im Zimmer sind. Sicherheitsleute bedrohen die queeren Geflüchteten: Manche sind homophob.

Hass und Gewalt gegen LGBTI-Geflüchtete in Flüchtlingsheimen

Am Donnerstag vor einer Woche entlädt sich dann der Hass über die zwei Geflüchteten, ein Freund ist da wegen massiver Bedrohungen schon für ein paar Tage ausgezogen. Hanaa findet bei ihrer Rückkehr ihr Zimmer verwüstet: "BHs und Kleidung war zerschnitten, all meine Habseligkeiten zerstört und mit Wasser übergossen, auch das Bett war nass." Im Zimmer liegt eine Morddrohung: "Ihr Homosexuellen verdient es, zu sterben." Hanaa hat Angst. Der Sozialdienst ist nicht mehr im Haus, den Sicherheitsleuten vertraut sie nicht, abschließen kann sie das Zimmer nicht und durch Erfahrungen in ihrer Heimat hat sie auch kein Vertrauen in die Polizei. Die ganze Nacht sind sie und Rogers wach. "Du kannst deinen Kopf nicht ablegen, wenn du Angst hast, getötet zu werden", sagt Rogers.

Nach monatelangem Betteln und Gesprächen mit der Regierung von Oberbayern, geht es am Freitag ganz schnell: Hanaa und Rogers werden in ein Ankerzentrum nach München verlegt. Dort weiß niemand, dass sie LGBTI sind – noch nicht. Und sie sind näher am schwulen Kulturzentrum Sub, wo sie Freunde, Mentoren und Sozialpädagogen haben, die sie unterstützen.

Im Sub nehmen sie die Vorfälle zum Anlass, um eine Petition an die Staatsregierung zu richten. Seit Jahren mahnt Kai Kundrath vom Sub an, dass LGBTI-Geflüchtete in den Unterkünften nicht sicher sind. Erst im September hatte er an Innenminister Joachim Herrmann (CSU) geschrieben. Vergeblich.

Die Forderung: Geschützte Unterkünfte für LGBTI-Geflüchtete

Deshalb fordern das Sub und LGBTI-Verbände jetzt, dass die Staatsregierung die Geflüchteten als eine vulnerable Gruppe anerkennt, die eines besonderen Schutzes bedarf. Und infolgedessen in eigenen geschützten Unterkünften untergebracht wird. Weil die Polizei Hilferufe oft als Lappalie abtut und die Regierung laut Kundrath erst reagiert, wenn es zu massiven Übergriffen kommt, fordert die Petition eine umgehende Umverlegung bei Bedrohungssituationen.

Die Stadt hat den besonderen Schutz schon anerkannt und immerhin 19 geschützte Plätze für sie geschaffen. Allerdings stellt sich die Staatsregierung sogar quer, wenn es darum geht, Geflüchtete vom Umland nach München zu verlegen – auch wenn die Stadt sie aufgrund ihrer besonderen Situation aufnehmen möchte.

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