Hans-Ulrich Pfaffmann: "Ich bin ein Fossil geworden"
München - Um 22.53 Uhr geht Hans-Ulrich Pfaffmann. Einen Laptop unter den Arm geklemmt, Tränen in den Augen, verlässt er das schlichte Kolpinghaus im Bahnhofsviertel. Es ist der 27. Juli 2014. Fünf Minuten zuvor hat er seine wohl bitterste Niederlage erlitten. Die Münchner SPD ist seinem Leitantrag nicht gefolgt. Der Vorsitzende ist zurückgetreten.
Als Pfaffmann an diesem Sommerabend den Parteitag verlässt, kann man sich nur schwer vorstellen, wie sich die Partei und der Ex-Chef wieder versöhnen sollen. Doch jetzt, drei Jahre später, ist alles anders. Pfaffmann hat dieser Tage seinen Rückzug aus dem Landtag angekündigt. 2018 will er nicht mehr antreten. Und überall in der SPD hört man viel Gutes über ihn.
Schon zu Christian Udes Zeiten hat er zwei Oberbürgermeister-Wahlkämpfe organisiert (2002 und 2008), seine große Stunde aber schlug, als es um Dieter Reiters Kandidatur um den OB-Sessel ging. Unterhält man sich in diesen Tagen mit dem Oberbürgermeister über Hans-Ulrich Pfaffmann, dann sind Sätze zu hören, die nur ganz selten von Politikern über andere Politiker zu hören sind. Reiter ist Pfaffmann tief dankbar - und sagt das auch so.
Im Wahlkampf war Pfaffmann, der erfahrene Politiker, nicht von Reiters Seite gewichen. Wo immer Reiter Rosen verteilte, Reden hielt, Journalisten traf - Pfaffmann war stets dabei.
"Mein Erfolg in der OB-Wahl hängt sehr mit ihm zusammen", sagt Reiter jetzt im Gespräch mit der AZ. "Ich war ja ein relativer Quereinsteiger, ein Neuling in Sachen Wahlkampf."
"Er hat immer den Menschen in den Mittelpunkt gestellt"
Warme Worte zum Abschied gibt es auch von Pfaffmanns Nachfolgerin an der Spitze der München-SPD, Claudia Tausend: "Er hat immer den Mensch in den Mittelpunkt gestellt", sagt sie. "Er war ein Sozial- und Gesundheitspolitiker vom Herzen her." Landtags-Fraktionschef Markus Rinderspacher nennt Pfaffmann einen "leidenschaftlichen und kantigen Herzblutpolitiker, der für seine Kampfeslust und Argumentationsfreude bekannt war".
Seinen Reiter-Wahlkampf 2014 aber hat damals parteiintern mancher kritisch gesehen - nicht nur wegen des etwas defensiv geratenen Leitspruchs "Damit München München bleibt". Alt-OB Christian Ude klingt heute etwas ratlos über die Strategie. "So stark er im Landtag immer war, so wenig habe ich verstanden, dass er da einen Wahlkampf gemacht hat, ohne Zukunftsperspektiven und ohne die Unterschiede zur CSU zu betonen", sagt Ude. Er lobt Pfaffmann aber ausdrücklich: "Ein sehr ausdauernder Sozialdemokrat mit langem Atem und einem breiten Themenspektrum", sagt Ude. "Seine großen Verdienste um die SPD sollte man nicht wegen einer verlorenen Wahl infrage stellen."
Pfaffmann selbst übrigens sieht das ganz anders - und die 2014er-Wahl als einen Erfolg. Trotz der herben Verluste für die SPD - schließlich wurde Dieter Reiter im zweiten Wahlgang doch recht klar OB. "Es war eine meiner schönsten Zeiten", sagt er im Rückblick. "Ich bin stolz darauf."
Jetzt also macht Pfaffmann (62) endgültig Schluss. Er sagt, er habe monatelang hin und her überlegt, ob er wirklich aufhören solle. Jetzt steht sein Entschluss - und Pfaffmann klingt zufrieden damit. "Ich bin ein Fossil geworden", sagt er. "Ich passe nicht mehr so richtig rein. Es ist gut jetzt." Chef des Arbeiter-Samariter-Bunds aber will er bleiben - und viel mit dem Wohnmobil nach Italien fahren.
Seinen Oberbürgermeister wird er trotzdem noch gelegentlich treffen. "Ich habe schon im Wahlkampf gesehen, wie menschenfreundlich und hemdsärmlig er ist", sagt Pfaffmann über Reiter. Der wiederum erzählt, er treffe Pfaffmann gelegentlich montags: "Auf einen Ratsch und ein gemütliches Bier." Auch dafür wird Pfaffmann, der Pensionär, künftig viel mehr Zeit haben.
Lesen Sie auch: Unterwegs mit einer Kaminkehrerin - Andern mal aufs Dach steigen