Haindling beim Tollwood-Festival: Unverkennbar bayerisch
In der ausverkauften Musikarena auf dem Tollwood-Sommerfestival spielt die Band Haindling ein Konzert zum Freuen. Warum die Gruppe um Hans-Jürgen Buchner so besonders ist
München - „Ihr dürft jetzt wieder aufstehen.“ Ein bisserl wie im Gottesdienst ist sie ja schon, so eine Regieanweisung. Aber er hat sie sich halt auch überlegt, diese Dramaturgie. Manche Sachen genießt man einfach besser im Sitzen. Und bei anderen, da kann man sich unmöglich stillhalten. Und von beidem gab es genau die richtige Menge an genau den richtigen Stellen. Hans-Jürgen Buchner spielt mit seiner Gruppe Haindling in der Musikarena auf dem Tollwood-Festival ein Konzert, über das man sich einfach nur freuen kann.
Der Dampf aus 5000 Leibern steht geradezu im Zelt, als die Band gegen halb acht die Bühne betritt. Später wird man sich wundern, dass es nicht vom Dach herunter tropft. Es ist ein sehr heißer Tag. Auf der Bühne blasen Ventilatoren den Musikern den Dampf in die Gesichter, in denen jeweils ein Grinsen hängt. Man freut sich, und wie, vor allem Hans-Jürgen Buchner.
Er, der gelernte Hafner aus dem Gäuboden und musikalische Autodidakt, ist seit über 30 Jahren einer der erfolgreichsten bayerischen Musiker. Letztes Jahr ist er 70 geworden. Weil sein Publikum auch altert, ist bestuhlt. „Früher seid’s hier noch gestanden“, feixt Buchner. Haindling waren schon beim ersten Tollwood-Festival im im Sommer 1988 dabei, seither ist hier in der Musikarena keine Band ist öfter hier aufgetreten. Dieses Konzert ist, wie schon so oft zuvor, ausverkauft.
Und ob, je nach Laune und Regieanweisung, im Sitzen oder im Stehen: Das Publikum feiert Haindling. Deren Stil ist seit jeher eigen, ganz wie der Kopf der Band. Man muss diesen Stil schon mögen. Tut man das, dann ist seine Musik frisch wie Radlfahren am frühen Morgen, leicht wie Bierschaum auf einer schwungvoll eingeschenkten Halbe und lustig wie eine wackelnde Blume unter einer dicken Hummel. Sie ist bayerisch-romantisch wie der Schliersee im Abendrot und gleichzeitig rebellisch-unverklärt. Sie gibt einem die Gewissheit, dass man ein Stückerl neben der Spur auch genau richtig fährt, eigentlich gerade da.
Haindling, das ist Musik zum Denken, vor allem aber zum Spüren. Wenige Komponisten bringen es fertig, dass man sie nach wenigen Takten, manchmal nach wenigen Noten erkennt und erspürt. Hans-Jürgen Buchner ist so einer, unverkennbar. Und er ist dabei herrlich nonchalant bayerisch, so echt, dass er das Klischee nicht fürchten braucht. Und wenn viele das gwampade „Bayern, des samma mia“ so gar nicht augenzwinkernd sondern bierseligernst nehmen, dann soll ihm das auch mal recht sein.
Beim Konzert am Tollwood zeigen Haindling, dass sie genau wissen, wofür ihre Fans sie lieben. Und Hans-Jürgen Buchner zeigt, wie man dreißig Jahre in ein wunderbar harmonisches und doch abwechslungsreiches Konzert über zweieinhalb Stunden packt. Er spielt die Klassiker, „Paula“, „Irgendwie und sowieso“ oder „Achtung Achtung“, mischt ein fetziges Medley zusammen, baut ganz leise Passagen ein, widmet Instrumental-Stücken aus Joseph Vilsmaiers Film Bavaria großzügig Raum zum Wirken, schiebt nachdenkliche Solo-Passagen ein und spielt hintenraus, klar, „Rote Haar“ und „Lang scho nimma gseng“.
Natürlich spricht er auch mit den Leuten, wie er es immer macht. Nie hat er bloß ein Konzert abgeliefert, schon immer ging es ihm um mehr. Seine Botschaften sind einfach, seit Jahrzehnten die gleichen, aber schlicht jede Wiederholung wert: Zusammenhalten, Umwelt schützen, am Boden bleiben, Echtes schätzen. Und: „Seid’s freundlich!“ Jawoi.
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