Händler gegen München: Teils doppelt so teuer - Aufstand auf der Auer Dult

Mehr Fressbuden, weniger Marktstände, höhere Gebühren: Die Händler fürchten um das Flair der Dult. Die AZ hat sich umgehört.
Die Händler auf der Dult treibt ein Thema um: Die eklatante Erhöhung der Standlgebühren. Wer eine Hütte der Stadt mietet, zahlt fast das Doppelte. Einzig die Antiquitätenstände zahlen jetzt weniger.
Letztes Jahr hatte der Wirtschaftsausschuss die neuen Gebühren beschlossen, weil die Dult ein Verlustgeschäft von bis zu 80.000 Euro sei. Die Kosten könnten nur mit dem Christkindlmarkt zusammengerechnet gedeckt werden. Acht Händler von 300 sind laut Gabriele Papke, Sprecherin des Wirtschaftsreferats für das Fest, heuer nicht zur Dult gekommen. Zwei von ihnen wegen der Gebührenerhöhung.
Beim Ratsch mit der AZ kündigen mehrere Händler an, nicht mehr länger auf die Dult zu kommen, weil sich der Aufwand nicht mehr trage.
Es gibt auch die Hoffnung, dass die Stadt die Entscheidung korrigiert. Händler, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, kündigen an, OB Dieter Reiter anzuschreiben: "Seppi Schmid interessiert sich nicht für uns", sagt einer. Schmid ist in der Stadtspitze für die Dult verantwortlich. Zusammenschließen wollen sie sich in kleinen Gruppen und gemeinsam Briefe schreiben. "Weil die Essenstandl mehr Geld bringen, werden Tandler-Standl und Marktstände durch Fressbuden ersetzt. Das zerstört den Charakter der Dult", sagt einer. "Essen und Karussell fahren kannst überall, die Marktstände machen den Dult-Charme aus."
Das sagen die Händler.
Rund 100 Euro mehr

Georg S. Huber (85), der Billige Jakob: "Auf allen Märkten gibt es Erhöhungen und jetzt betrifft es eben auch München. Ich zahle jetzt rund hundert Euro mehr für mein Standl, das bringt mich aber auch ned um. Ich bin seit 70 Jahren auf der Dult, verkaufe Verbrauchsartikel und habe meine Stammkundschaft. Die Preise meiner Produkte sind seit zwanzig Jahren nicht gestiegen, weil meine Fabrikanten anständig geblieben sind."
Verdopplung der Gebühren

Dora Hörmandinger (64) aus Ingolstadt verkauft süße Spezialitäten: "Das ist scho’ a bisserl haarig, dass ohne Ankündigung eine so extreme Erhöhung vorgenommen wurde. Ich bin seit 1983 auf der Dult und wir haben viele Jahre für sechs Meter Süßwarenstandl 680 Euro gezahlt. Heuer sind es 1250 Euro plus die Nebenkosten. Das ist fast eine Verdopplung und so geht es allen Händlern, die Hütten der Stadt auf der Dult gemietet haben.
Verbessert hat sich an der erbrachten Leistung der Stadt nichts. Uns Händlern wurde nicht erklärt, weshalb diese eklatante Erhöhung notwendig ist. So macht die Stadt eine Traditionsdult kaputt, weil einige Händler nicht wiederkommen und das Warenangebot schlechter wird."
Einfach versetzt

Steffen Marx (39), Giesinger Bräu: "Vier Jahre lang standen wir mit dem Giesinger Bräu in der Herztropfengasse. Ohne Rücksprache haben sie uns heuer in die Dultschiebeautobahn gesetzt, wo am Wochenende vor lauter Menschen kaum jemand was kauft.
Die Standlgebühren haben sie uns dafür verdoppelt. Was wir für unser Geld bekommen, hat sich aber verschlechtert. Weil die Stammkunden uns am alten Platz suchen, es zu voll ist und wir nicht direkt mit dem Auto herfahren können. Wo unser altes Standl war, klafft jetzt eine große Lücke. Ich versteh’s nicht. Wir machen das Beste draus, werden das aber auf jeden Fall bei der Stadt ansprechen. Sonst überlegen wir, ob wir’s 2018 noch mal machen. Die Dult ist ein hartes Geschäft und das Wetter das größte Risiko."
Die Dult lohnt sich nicht

Agnes Maria Forsthofer (59) von Linkshänder e.V.: "Ich hab’s mir ins Hirn geschrieben, dass die Linkshänder mehr über sich selbst erfahren. Weil die Leut’ gscheiter vom meinem Standl weggehen sollen, als sie gekommen sind, bin ich noch auf der Dult. Wenn’s nur ums Geldverdienen gehen würde, dürfte ich nicht mehr hier sein. Aufpassen muss ich, dass ich nicht drauf zahle. Ich habe elf Jahre lang 343 Euro für mein Linkshänderstandl gezahlt. Heuer erfahre ich aus der Zeitung, dass die Dult teurer wird. 586 Euro zahle ich jetzt. Die Zulassung für die Dult haben wir alle erst vier Wochen vorher bekommen. Ich bin keine Händlerin, aber für jemanden, der davon lebt, ist das existenzbedrohend, wenn man erst so kurzfristig erfährt ob man dabei ist – oder nicht.
Statt die Dult teurer zu machen, sollte die Stadt lieber schauen, dass sie junge, interessante Menschen hierherholt: Designer, Macher, Start-Ups. Weil unsere Kunden sterben uns irgendwann weg, und jüngere Menschen gehen lieber dahin, wo lässige Sachen verkauft werden. Wie wäre es denn, wenn explizit drei Stände für die Jungen ausgeschrieben würden? Auch für Linkshänder wird immer weniger produziert, weil das keine Masseware ist. Deshalb stehe ich hier und kläre die Leute auf. Wenn ich für’s Reden bezahlt werden würde, wäre ich reich."
Faire Miete

Sonja Schlederer (41), Genusswerkstatt: "Bei uns wurde von Umsatzpacht auf Standgeld umgestellt. Die Mieten wurden seit Jahren nicht erhöht und sind nach wie vor fair. Aber wir tragen so auch mehr Risiko, wenn wir eine schlechte Dult haben. Weil auch die Zulieferer Preisanpassungen machen, mussten wir ganz leicht erhöhen – bei den Schupfnudeln um zehn Cent auf 3,90 Euro."
Günstiger
Tandler Reimund Breinl. Foto: Jasmin Menrad
Raimund Breinl (61), Antiquitätenhändler: "Wir Gebrauchtwarenhändler, die ihre eigenen Stände haben, zahlen jetzt weniger auf der Dult. Die Hälfte ist’s nicht, aber schon ein Batzen weniger. Der gesamte Antikhandel ist auf dem absteigenden Ast. Als Händler verdient man nicht mehr das, was man vor Jahren verdient hat. Trotzdem prägen wir entscheidend das Flair auf der Dult."