"Guttenberg weg und vergessen"

Guttenbergs Rücktritt bringt die Autoren am Nockherberg in Zeitnot. Hier erzählt Luise Kinseher, wie das ihre Fastenpredigt beeinflusst
Interview Anne Kathrin Koophamel |
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Luise Kinseher vor der Bavaria.
Gregor Feindt Luise Kinseher vor der Bavaria.

Guttenbergs Rücktritt bringt die Autoren am Nockherberg in Zeitnot. Hier erzählt Luise Kinseher, wie das ihre Fastenpredigt beeinflusst – und warum ihre Bavaria so rasend weiblich sein wird.

München - Am Nockherberg herrscht Panik. Mit dem Rücktritt von zu Guttenberg sind sowohl Singspiel als auch die Fastenpredigt hinfällig. Die Autoren müssen umschreiben – fix: In knapp drei Wochen, am 23. März, ist Salvatorprobe. Während Singspiel-Autor Alfons Biedermann an Plan B bastelt, versucht Fastenpredigerin Luise Kinseher, Ruhe zu bewahren. Die AZ hat exklusiv mit ihr wenige Stunden nach Guttenbergs Rücktritt gesprochen.

AZ:
Frau Kinseher, was ist Ihnen durch den Kopf geschossen, als Sie von zu Guttenbergs Rücktritt gehört haben?
LUISE KINSEHER: Alles umschreiben.

Die ganze Rede?
Nein, aber viele eingesprenkelte Pointen. Ich muss jetzt erst mal abwarten, welches Thema in drei Wochen im Vordergrund steht. Eine Rede hat etwas Organisches, das sich jeden Tag ändert. Leider überleben sich auch gute Ideen durch Aktualität.

Wird KT ganz gestrichen?
Nein, aber er wird nicht mehr das wichtigste Thema sein, auch wenn es uns jetzt noch so verkommt. Wie die Wahl in Baden-Württemberg ausgehen könnte, wie das Politbarometer steht, das wird wichtig. Guttenberg ist dann weg und auch vergessen. Aber es gibt ja gottlob noch andere Probleme in Bayern.

Welche?
Da würde ich jetzt Inhalte vorwegnehmen. Das möchte ich nicht. Es wäre Schmarrn, über Themen zu reden, wo sich noch so vieles ändern kann. Sagen wir so: Da wo es wichtig ist, wo es spannend ist, da ist die Bavaria und hat ihr Aug' drauf.

So wie die Bavaria auf Sie. Sie wohnen im Westend ums Eck von ihr.
Ich bin als Studentin ins Westend gezogen, weil's damals im Scherbenviertel dort billige Wohnungen gab. Und wo ich einmal wohn', da bleib’ ich gern. Es gibt da keinen Zusammenhang mit meiner Figur.

Was für Eigenarten ihrer Kinder kann die Bavaria gar nicht ausstehen?
Naja, sie ist eine Mama mit gesundem Menschenverstand und einer tief sitzenden Heimatliebe. Wenn sie das in irgendeiner Form verletzt sieht, ja mei, dann schimpft sie halt.

Gab es auch Ideen für andere Figuren?
Nein, es war meine Bedingung, dass ich nur als Bavaria derblecke. Eine andere kann ich mir nicht vorstellen, und als Frau kann ich schlecht einen Mönch spielen. Die Bavaria ist einfach ideal, weil sie eine bekannte Figur ist, die aber nicht groß mit Attributen gefüllt ist. Sie steht zwar kämpferisch da oben mit Schwert und Löwe, aber sie hat auch was Bayerisch-Sinnliches. Sie ist Weiblichkeit pur.

Jetzt sind wir doch beim Thema: die erste Frau am Nockherberg.
Ja, aber dass ich Kabarett mache, hat mit mir als Frau am wenigsten zu tun. Es sind mehr mein Gefühl für Humor, meine Lust an der Darstellung, weswegen ich es mache.

Wie viel Kinseher steckt in der Bavaria?
100 Prozent. Ich gebe mich in die Figur hinein, sie wird noch mehr sein als ich.

Hat sich Ihr Leben durch die anstehende Rede verändert?
Klar. Aber ich vergesse oft, dass mich jetzt mehr Leute kennen. Ich gehe aus dem Haus und schaue aus, als ob ich gerade aus dem Bett gekommen bin. Dann grüßt dich jemand, und ich denke nur: Oh mein Gott, so hat die mich gesehen!

Welcher Humor funktioniert am Nockherberg?
Der etwas feinere. Beim Karneval geht man in Reimform über die Themen drüber. Der Nockherberg geht ans Mark und er ist direkter, weil die Derbleckten direkt vor einem sitzen. Am Ende hoffen die Politiker immer, dass jemand anderes noch schärfer derbleckt wird. Schadenfreude ist ja die schönste Freude. Ich finde, auf dem Nockherberg braucht es etwas Hinterfotzigkeit. Mir ist wichtig, dass die Rede den Nerv der Zeit trifft, gut recherchiert und aktuell ist. Dann noch humorvoll.

Woher nehmen Sie die Ideen für gute Pointen?
Wenn ich entspannt bin. Beim spazieren gehen oder in der Sauna, dann kommen den meisten Kreativen die Ideen. Ich bin mittlerweile jeden Tag in der Badewanne. Heut war ich aber noch nicht, heut muss ich noch.

Woran erkennen Sie eine gute Idee?
Wenn ich den Nagel auf den Kopf treffe, wenn die Rede für mich stimmt. Dann kann auch danach jede mögliche Reaktion kommen. Ich werde immer zu dem stehen, was ich gesagt habe.

Waren Sie schon mal als Besucherin auf dem Nockherberg?
Nein, nur letztes Jahr als Bavaria im Singspiel dabei. Das schlimmste war, als ich hinter der Bühne der Rede vom Michael Lerchenberg zugehört habe und keiner gelacht hat. Das war sicher schlimm für ihn. Es war so eine eisige Stimmung. Da muss man sich dann wirklich durchkämpfen.

Lerchenbergs Rede löste einen Skandal aus. Schränkt einen so etwas im kreativen Denken ein?
Nein, ich versuche, meinen Weg zu finden und mich nicht durch Scheren im Kopf zu beschränken. Wenn ich mich einschüchtern lasse, habe ich verloren. Bei mir fällt auch der Bußpredigt-Charakter weg.

Sie haben nie politisches Kabarett gemacht. Ist der Nockherberg also Neuland?
Ja – aber schon, weil er ganz andere Regeln hat als das Kabarett. Ich werde jetzt öfter darauf angesprochen, die Leute erzählen mir, was sie über Politik denken. Das ist interessant und macht mir Spaß. Zum anderen muss ich auch sagen, man kann genau wie der Herr Guttenberg das Internet nutzen. Das ist prima für Redenschreiber. Wenn ich über irgendeinen noch was brauche, dann recherchiere ich im Internet rum. Da liegen dann die Pointen auf der Straße.

Bleiben Sie auch 2012 die Bavaria?
Ich mach das jetzt mal heuer so – und dann überlege ich weiter.

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