Jeden Freitag erzählt in der AZ ein bekannter Münchner von seinem Wochenende. Heute: Stephan Lehmann, der FCB-Stadionsprecher.
Ich bin ja ein Stadtflüchtling. Ich bin zwar in München geboren und aufgewachsen. Meine Sturm-und-Drang-Phase habe ich in der Gegend um den Kurfürstenplatz verbracht. Vor neun Jahren bin ich aber rausgezogen nach Thanning. Ein bisschen schwer ist es mir schon gefallen und es hatte auch nur einen einzigen Grund: Familiengründung.
Ich habe mittlerweile zwei Kinder, Leonie kommt heuer in die Schule und Ben ist jetzt zweieinhalb. Ich versuche am Wochenende natürlich nach Kräften, mit den beiden etwas zu unternehmen. Wir sind zum Beispiel regelmäßig im
Tierpark
Hellabrunn. Die zwei haben eine recht innige Liebe zu den Seelöwen und Seehunden entwickelt. Manchmal merkt man aber auch, dass der Papa gerade eher stört. Dann gehe ich Tennis spielen, golfen oder im Winter auch mal Ski fahren. Das ist das zur Entspannung empfohlene Lehmannsche Drei-Säulen-Modell.
Golf spiele ich draußen in Egmating. Ich bin natürlich nicht so gut wie manch anderer beim
FC Bayern. Das Handicap von
Franz Beckenbauer oder
Oliver Kahn ist deutlich besser als das meine. Aber ich bin auch niemand, der da einen unbändigen Ehrgeiz hat. Ich spiele einfach, weil ich Spaß daran habe. Und da draußen im Süden von München kann man einfach wunderbar Golf spielen.
Das Gute am Landleben ist: Man macht wieder bewusster Wochenend-Ausflüge in die Stadt. Ich habe mit der Leonie mal so eine Tour gemacht: Da sind wir einfach vom
Stachus zum
Isartor runtergelaufen und ich habe ihr erzählt, was es da so zu sehen gibt. Zum Beispiel, dass es da den
Karl Valentin gab, dass das ganz ein Lustiger war, und dass der in München jetzt sein Valentin-Musäum hat. Leider weiß man ja oft über das andere Ende der Welt besser Bescheid als über das, was in der eigenen Geburtsstadt so passiert ist.
Ich habe mir deshalb auch fest vorgenommen, heuer mit einer Freundesclique mal einen historischen Spaziergang zu machen. Da legt man eine Route fest, bestimmt einen Fremdenführer, der ein bisschen recherchieren muss, packt einen Picknickkorb – das stelle ich mir schön vor. Da finden sich in meinem Bekanntenkreis sicher Leute, die Interesse haben. Willy Astor beispielsweise wäre bestimmt sofort dabei. Der ist ja recht kulturbeflissen. Vielleicht könnte ich ihn sogar überreden, an der Mariensäule ein paar kunsthistorische Gstanzl zu singen.
Ich persönlich könnte aus dem Stegreif vielleicht ein bisschen was über die Gegend rund um den
Odeonsplatz erzählen. Da flaniere ich gerne entlang. Maximilianstraße, Ludwigstraße,
Brienner Straße - das große, alte München mit seinen breiten Straßen, das mag ich. Und dann natürlich der Viktualienmarkt, das ist einfach mein München, das liebe ich.
Auch zum Essen gehe ich am liebsten in Lokale in der Innenstadt. Ein Klassiker ist für mich immer noch das Riva im Tal, einfach, weil es da eine sensationell gute Pizza gibt. Ich mag aber auch traditionsreiche Wirtshäuser wie das Weiße Bräuhaus, wo man von der derben Bedienung schon mal zusammengeschissen wird, wenn man nicht gescheit bestellt. Als Nicht-Münchner kann man das schnell mal in den falschen Hals bekommen, aber als Münchner weiß man natürlich, wie das zu verstehen ist.
Und dann ist da ja noch der Fußball. Ich bin schon von klein auf großer Bayernfan, Mitgliedsnummer 2108. Als die Bayern in den Siebziger Jahren drei mal hintereinander Europapokalsieger der Landesmeister wurden, stand ich als kleiner Pimpf in der Südkurve. Jetzt bin ich seit 1996 Stadionsprecher und genieße die Zeit gerade sehr. Man darf ja nicht vergessen: Ich habe vor ein paar Jahren auch schon mal ansagen müssen, dass
Werder Bremen in München 5:0 führt. Aber so ist das Leben, Ying und Yang, mal geht's hoch und mal geht's runter.
Protokoll: Florian Zick