Grüner Ludwig Hartmann will Stimmkreis: Das Direktmandat als Krönung

München - Manchmal verselbstständigen sich Dinge ein bisschen. Zum Beispiel die Sache mit dem Kini. Zwar ist Ludwig Hartmann mittlerweile Fraktionschef und designierter Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl im nächsten Jahr. Im Gedächtnis geblieben ist er den meisten Leuten trotzdem vor allem als Märchenkönig.
Im Wahlkampf 2008 war es. Da lächelte Hartmann als Ludwig II. von den Plakaten. Im Hintergrund Schloss Neuschwanstein, dazu der Spruch: „Wieder ein Ludwig für Bayern“. Irgendwie hat sich das festgesetzt. Noch einmal ins Ludwig-Kostüm steigen will Hartmann aber nicht. „Man kann jeden noch so kreativen Einfall auch totreiten“, sagt er. Dabei war Hartmann dem Königsein wahrscheinlich noch nie so nahe wie jetzt. Bei der Landtagswahl nächsten Herbst wird der 39-Jährige im neuen Stimmkreis München-Mitte antreten. Haidhausen, das Glockenbachviertel, die Schwanthalerhöhe – alles Stadtteile, in denen die Grünen immer wieder sehr gute Ergebnisse einfahren. Gut möglich also, dass Hartmann nächstes Jahr zum ersten grünen Politiker überhaupt gekrönt wird, der im schwarzen Bayern ein Direktmandat holt.
Die Hauptkonkurrenten stehen bereits fest: Für die SPD tritt mit Michael Ott ein bislang eher unbekannter Kandidat in München-Mitte an. Die CSU hat Stadtrat Hans Theiss auf den Schild gehoben, den Mann der früheren Kickbox-Weltmeisterin Christine Theiss. Körperlich könnte der CSU-Mann also Vorteile haben, scherzt Hartmann. Wenn aber nicht geboxt wird, „dann kann man auch als Grüner den Stimmkreis direkt gewinnen“, sagt er. Statt in den Ring zu steigen, will Hartmann den Kampf auf der Straße entscheiden. Er will sich das grüne Sofa schnappen, das derzeit noch in den Fraktionsräumen im Maximilianeum steht, sich im Sommer damit auf die Plätze im Stimmkreis stellen und so mit den Leuten ins Gespräch kommen.
Wenn man sich mit Hartmann trifft, bekommt man schnell einen Eindruck von den Themen, um die es dann wohl gehen wird: Ausbau des Nahverkehrs, längere Sozialbindung von Mietwohnungen, Förderung des Radverkehrs. Und für die eher ländlich orientierten Wähler: weniger Flächenfraß, schnelles Internet und giftfreie Landwirtschaft. Hartmann hat beide Themenfelder drauf. Ob’s um die Stadt geht oder um das Land: Er kann zu nahezu jedem Thema sehr leidenschaftliche Grundsatzreden halten. Als Chef einer Landtagsfraktion muss man das vielleicht können. In Hartmanns Fall hat es aber noch einen besonderen Grund.
Hartmann kommt aus Landsberg. 2012 wäre er dort fast zum ersten grünen Oberbürgermeister Bayerns gewählt worden. Nicht einmal 300 Stimmen haben letztlich gefehlt. Mit dem Chefsessel im Rathaus wurde es also nichts. Im Landsberger Stadtrat aber sitzt er noch immer.
Als Landtagsabgeordneter kann Hartmann freilich nicht in jeder Sitzung anwesend sein. Die Erfahrungen aus dem Stadtparlament findet er aber wichtig. Der Landtag sei wie ein Ufo, das über allem schwebe, sagt der gelernte Kommunikationsdesigner. Im Stadtrat dagegen müsse man Entscheidungen direkt am nächsten Tag den Leuten auf der Straße erklären. Das sei gut für die Erdung, so Hartmann. Für alle Ewigkeit wird aber auch er nicht Stadtrat bleiben. Schon jetzt hat er in Landsberg nur noch einen Zweitwohnsitz. Für seinen zwei Jahre alten Sohn ist er kürzlich nach Haidhausen umgezogen. Trotz der vielen Rumreiserei als Fraktionschef kann er seine Familie so auch noch am Abend sehen. Hätte er am Ende des Tages auch noch nach Landsberg rauspendeln müssen, wäre das noch weniger möglich gewesen.
Nun wohnt Hartmann also in München, der Stadt, in der er schon immer seine politischen Kreise gezogen hat. Schon damals bei der Grünen Jugend: Da war in der Stadt einfach mehr los als draußen auf dem Land. Und auch, als vor ein paar Jahren ein Bündnis eine Bewerbung Münchens für die Olympischen Spiele 2018 verhindert hat, mischte Hartmann ganz vorne mit.
Nächstes Jahr führt Hartmann seine Partei nun wohl als Spitzenkandidat in die Landtagswahl. Markus Söder und die CSU sind natürlich weit weg. Die SPD will er sich im Kampf um Platz zwei aber schon schnappen. Und in München-Mitte könnte er sogar alle abhängen, auch den Kandidaten der CSU. Ludwig Hartmann wäre dann vielleicht nicht der König von Bayern – aber immerhin von Haidhausen.