Grüne fordern: Kitas in München sollen bis mindestens 20 Uhr offen sein
Katharina Schulze, Chefin der Grünen im Landtag, fordert in der AZ eine politische Offensive für Eltern – vor allem für Alleinerziehende.
Zeitstress, kleine Wohnungen, kurze Kita-Öffnungszeiten: Die Frauen - und die wenigen Männer -, die ihre Kinder alleine erziehen, haben es gerade in München besonders schwer. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze will sich im neuen Jahr besonders um die Situation der Alleinerziehenden kümmern.
AZ: Frau Schulze, Sie wollen 2018 einen Schwerpunkt bei den Alleinerziehenden setzen. Hatten die es nicht 2016 oder 2017 auch schon schwer?
KATHARINA SCHULZE: Beruf, Kindererziehung, vielleicht noch die Pflege der eigenen Eltern und dabei auch noch Zeit für sich selbst zu haben - das war für Alleinerziehende schon immer hart und ist in unserer eng getakteten Welt nicht leichter geworden. Deshalb haben wir Grüne auch schon vor Jahren die Zeitpolitik zu einem großen Thema gemacht - und wurden übrigens dafür belächelt, dabei betrifft das sehr viele Menschen.
Wie ernst nimmt die CSU-Staatsregierung das Thema Kinderbetreuung?
In Bayern wird gerade mal jedes vierte Kind in einer staatlich geförderten Einrichtung betreut. Das spricht doch Bände. Kinderbetreuung ist ein Stiefkind der CSU-Regierung.
Sie wollen sich 2018 besonders den Alleinerziehenden zuwenden. Warum?
Wir Grüne sagen: Es darf keinen Unterschied machen, ob ein Kind bei Alleinerziehenden aufwächst oder nicht. Und sie - in neun von zehn Fällen übrigens Frauen - leisten jeden Tag Unglaubliches. Diese Frauen haben unsere Unterstützung verdient!
Viele Probleme dieser Frauen wird der Staat nicht lösen können.
Es geht ja nicht darum, einen fehlenden Papa zu ersetzen, sondern darum, Mutter und Kind ein Netz zu spannen, das sie in dieser anstrengenden Situation auffängt und trägt. Wer unsere Gesellschaft durch Erziehungsarbeit bereichert, darf nicht in Armut fallen. Und es gibt schon viele Probleme, bei denen der Staat helfen kann.
Welche?
Wir reden über sehr viele Familien. 21 Prozent der Familien in Bayern sind alleinerziehend - übrigens besonders viele in den großen Städten wie in München. Sie sind besonders armutsgefährdet. 43 Prozent der alleinerziehenden Frauen arbeiten Teilzeit. Sie sind am Arbeitsmarkt doppelt benachteiligt: Als Frauen - und dann noch mehr, weil sie alleinerziehend sind.
Wie wollen Sie diesen Frauen helfen?
Unsere Hauptforderung ist es, Betreuungsangebote auszubauen. Kitas müssen auch in den Ferienzeiten offen haben. Und: Nicht jede alleinerziehende Mutter hat einen Nine-to-five-Job. Es sind ja auch Krankenschwestern, Kassiererinnen, Polizistinnen. Wir brauchen dringend mehr Kitas, die bis 20 Uhr oder länger offen haben. Die wollen wir mit 28 Millionen Euro fördern.
Wird man da mit einem Topf für Freiwillige etwas ändern? Wäre nicht ein Recht auf eine lang geöffnete Kita zielführender?
Das Recht bringt keinem etwas, wenn wir nicht das Angebot geschaffen haben. Das müssen wir zuerst angehen. Wir wollen jetzt viel Geld in die Hand nehmen, um die Infrastruktur auszubauen. Übrigens gab es schon einmal eine Förderung für Kitas, die das ganze Jahr über mindestens 45 Stunden die Woche auf hatten. Doch die hat die CSU wieder abgeschafft.
Unsere These: In München wird ein Topf für freiwillige Kitas wenig bringen. Schon heute finden die Einrichtungen ja kaum noch Personal.
Natürlich braucht es mehr Personal. Aber wenn es längere Angebote gibt und sich zeigt, dass sehr viele Eltern ihre Kinder zumindest gelegentlich länger betreut haben wollen, dann steigt auch der Druck auf die Träger und Kommunen.
Und was sollen die mehr tun?
Sie müssen Anreize schaffen, dass mehr Menschen den Beruf ergreifen, auch die Ausbildung attraktiver wird. Das geht vor allem über Löhne.
Wie könnte Alleinerziehenden noch geholfen werden?
Wir wollen mehr Betreuungsplätze schaffen - mit 60 Millionen Euro pro Jahr. Und: Wir wollen einen besseren Betreuungsschlüssel. Es soll eine Erzieherin für zehn Kinder zuständig sein, bei den Unter-Dreijährigen wollen wir ein Verhältnis von 1:5 - dort gibt es bisher übrigens gar keinen festen Schlüssel! Von der Bundesebene wünschen wir uns zum Beispiel das Recht auf Home Office - und das Recht auf Rückkehr zum Vollzeit-Job, wenn man Teilzeit gearbeitet hat.
Was könnte die Stadt München außer in den Kitas für Alleinerziehende tun?
Wir fordern, dass der Freistaat auch 130 Millionen Euro mehr für Wohnraumförderung ausgibt. Aber natürlich könnte auch die Stadt hier mehr tun. Zum Beispiel gemeinschaftliche Wohnprojekte für Alleinerziehende schaffen und fördern. Dann könnten die Mütter sich gegenseitig helfen. Darum geht es ja oft: Dass sie einfach jemanden bräuchten, der eine halbe Stunde auf das Kind aufpasst - und die Großeltern sind nicht in München.
Sie sprechen von sehr hohen Investitionen. Wo soll dieses Geld plötzlich herkommen?
Zum Beispiel daher, dass die CSU endlich das Betreuungsgeld, das die Frau an den Herd fesselt, beerdigt. Allein von dort könnte man 135,7 Millionen Euro in den Ausbau der Kinderbetreuung stecken.
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