Großmarkthalle in München: Neubau droht das Aus

Die Kosten explodieren: Im Rathaus wird laut darüber nachgedacht, die Neubau-Pläne für die Großmarkthalle doch noch zu beerdigen
von  Von Felix Müller
Weitläufig: Die Flächen der heutigen Großmarkthalle in Sendling, die weitgehend nicht öffentlich zugänglich sind.
Weitläufig: Die Flächen der heutigen Großmarkthalle in Sendling, die weitgehend nicht öffentlich zugänglich sind. © Martha Schlüter

An einem Abend werde die alte Großmarkthalle zugesperrt, so hat Kommunalreferent Axel Markwardt (SPD) den ehrgeizigen Plan einmal beschrieben, und am nächsten die neue eröffnet. München sollte keinen einzigen Tag ohne eine Großmarkthalle im Zentrum der Stadt auskommen müssen. Noch in der Ära Ude fiel der Grundsatzbeschluss, den zentralen Standort auch in Zukunft zu behalten.

Doch jetzt plötzlich scheint gar nichts mehr sicher. Denn die beauftragten Architekten vom Büro Ackermann gehen dem Vernehmen nach von deutlich höheren Kosten aus als bislang angenommen. 2013 war im Rathaus noch von maximal 117 Millionen Euro Kosten für das Projekt die Rede gewesen – von denen auch noch 50 bis 70 Millionen Euro direkt durch den Verkauf frei werdender Flächen finanziert werden sollten. Jetzt soll dass 500 Meter lange Bauwerk 180 Millionen Euro kosten. „Mindestens“, wie viele im Rathaus stöhnen.

Viel Geld. Zu viel, wie aus der Koalition zu hören ist. Dabei waren einst alle so begeistert vom Entwurf des Büro Ackermann. 40 000 Quadratmeter Fläche, eine charakteristische Glasfassade: Sogar die zwischenzeitlich rebellierenden Händler konnten von dem Konzept überzeugt werden. Der Fruchthändlerverband wollte am Donnerstag auf Nachfrage lieber gar nichts zu den Signalen aus dem Rathaus sagen. Doch es liegt auf der Hand, dass seine Zustimmung schnell wieder bröckeln könnte – wenn die Stadt die Kosten für die Händler in die Höhe schraubt, um ihre Mehrkosten abzufangen.

Millionen-Grab für eine Ruine?

Dafür aber müsste der Stadtrat den Neubau-Plänen überhaupt treu bleiben. CSU und SPD im Rathaus suchen schon länger nach Projekten, die gekippt werden können, um Ausgaben zu senken. Weit oben auf der Streichliste: die Großmarkthalle. Formal steckt das Vorhaben noch in den Vorplanungen, könnte noch relativ problemlos gestoppt werden.

Eigentlich drängt die Zeit. Die 100 Jahre alten Hallen seien noch für „Pferdefuhrwerke, nicht für Riesen-Lkw“, geplant worden, hat Markthallen-Chef Boris Schwartz schon vor Jahren gesagt. Man müsse „ständig etwas machen, nur um den Betrieb zu gewährleisten“. Auf dem Gelände selbst war am Donnerstag zu hören, die Stadt versenke hier notdürftig „Millionen, um eine Ruine zu erhalten“.

Trotz der Probleme im Bestand gibt es aber offenbar nur noch eine Chance für den Neubau: die Kosten wieder deutlich zu senken. „Man wird überlegen müssen, was man sich hier leisten will“, sagte SPD-Stadträtin Ulrike Boesser. CSU-Fraktionschef Hans Podiuk erklärte: „Die Kosten für den Neubau der Halle müssen kräftig zurückgehen auf ein verträgliches Maß.“ Was sonst passiert? Dazu will Podiuk sich nicht äußern. Die Antwort aber ist naheliegend: Die Vorplanung könnte noch einmal ganz von vorne beginnen – oder die Stadt entschließt sich doch noch, Wohnungen zu bauen.

So weit will es Markthallen-Chef Boris Schwartz nicht kommen lassen. Er betont, dass es einen einstimmigen Stadtratsbeschluss für den Neubau gibt. Und zeigt sich demonstrativ offen für die Signale aus dem Rathaus, dass die Kosten sinken müssen. Man wolle „eine Halle, die funktional einwandfrei und gut zu bedienen ist“, sagte er am Donnerstag der AZ. „Aber sie soll auch so günstig wie möglich sein.“ 2017 will das Kommunalreferat den Stadtrat die Kosten beschließen lassen.

Bis dahin ist noch sehr viel Überzeugungsarbeit notwendig. Oder die neue Großmarkthalle wird wirklich beerdigt.

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