Update

Großer G7-Protest in München: Rund 6.000 Demonstranten – elf Festnahmen

Die größte Demo gegen den G7-Gipfel fand am Samstag in München statt. Knapp 6.000 Personen nahmen teil. Es waren deutlich weniger Teilnehmer als erwartet. Demonstrierende und Polizei melden Verletzte in ihren Reihen
von  Michael Schleicher, Ralph Hub, André Wagner, Felix Müller
Die Demo-Teilnehmer laufen an der U-Bahnstation Poccistraße vorbei.
Die Demo-Teilnehmer laufen an der U-Bahnstation Poccistraße vorbei. © Daniel Karmann/dpa

München - Weitaus weniger Menschen als erwartet haben sich am Samstag an dem Protest in München gegen den G7-Gipfel auf Schloss Elmau beteiligt. Die Demo verläuft weitgehend friedlich. Nur gegen Ende auf der Theresienwiese gibt es Rangeleien. Das Präsidium spricht von Angriffen auf mehrere Beamte. Die Polizei nimmt elf Demonstranten vorübergehend fest. Aktivisten beklagen ein "gewaltvolles Vorgehen" der Sicherheitskräfte. Beide Seiten melden mehrere Verletzte in ihren Reihen. 

Polizei ging zunächst von 3.500 Demo-Teilnehmern aus

Die Enttäuschung ist einigen Demonstranten deutlich anzusehen. Statt der erhofften 20.000 kommen am Samstag lediglich rund 6.000 Menschen, das Präsidium spricht sogar von nur 4.000, die sich an der Demo beteiligten. Auch der gefürchtete schwarze Block ist kleiner als von der Polizei erwartet. Rund 150 teilweise vermummte Aktivisten marschieren mit den üblichen Klassenkampfparolen und Anti-Nato-Slogans in der Menge mit.

"Die Jungen müssen die Versäumnisse der Älteren mal ausbaden"

Die Jugendorganisation der Grünen, Greenpeace und die Umweltorganisation WWF haben dagegen ihren Schwerpunkt bei dem Protest klar auf Themen wie Frieden, Armut, Hunger, Klimawandel, den schnellen Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle und Erdgas gelegt.

Andrea (M.) mit zwei weiteren Aktivisten von Greenpeace.
Andrea (M.) mit zwei weiteren Aktivisten von Greenpeace. © Sven Hoppe/dpa

"Die jungen Menschen müssen die Versäumnisse der älteren Generationen später einmal ausbaden, es ist höchste Zeit zu handeln", sagt ein Rentner, der auf einen Stock gestützt trotz der Hitze tapfer in der Demo von der Theresienwiese durchs Bahnhofsviertel, die Sonnenstraße hinauf zum Sendlinger Tor mitmarschiert. 

In der Lindwurmstraße steht ein dunkel gekleideter Mann mit hochrotem Kopf auf dem Mittelstreifen. "Geht doch nach Russland, wenn euch hier etwas nicht passt", schreit er den Demonstranten entgegen. Doch die lassen sich nicht provozieren. Einige Polizisten greifen ein und bitten den Schreihals höflich, auf den Bürgersteig zu gehen. Ein paar bunte Luftballons steigen in den Himmel auf. Die Polizisten, die den Zug begleiten, haben kaum etwas zu tun. Der anstrengendste Gegner für die Beamten in den schwarzen Overalls ist die Hitze, es sind 27 Grad im Schatten – und der ist rar. 3.000 Polizisten sind im Einsatz.

Maskierte Demo-Teilnehmer bei ihrem Protestzug durch die Stadt.
Maskierte Demo-Teilnehmer bei ihrem Protestzug durch die Stadt. © fm

An einem Gebäude entlang der Route entrollen Aktivisten ein Transparent. "G7, Ausbeutung, Klimazerstörung, Imperialismus", steht drauf. Manche Anwohner verfolgen vom Fenster aus den Protest. Die Polizei eskortiert den Schwarzen Block. Der sorgt gegen Ende dann doch noch für Hektik. 

Demonstranten entrollen ein Anti-G7-Banner von einem Balkon.
Demonstranten entrollen ein Anti-G7-Banner von einem Balkon. © Michael Kappeler/dpa

Als die Demo die Theresienwiese erreicht, erkennen Polizisten einen Mann, gegen den ein Haftbefehl vorliegt. Beamte ziehen einen 28-jährigen Münchner aus der Menge. Der Schwarze Block solidarisiert sich mit ihm, die Stimmung kippt. Polizisten drängen die Menschen mit Schlagstöcken zurück und umstellen die Gruppe.

Aus der Menge ertönen Sprechchöre: "Haut ab". Zwei Rauchtöpfe werden gezündet. Demonstranten halten Transparente hoch, stemmen sich gegen die Polizisten. Ein Beamter trifft im Gerangel einen Demonstranten mit der Hand am Kopf. Die Szene wird von Handys gefilmt, wenig später tauchen Videos im Netz auf. "Das LKA prüft, ob der Einsatz des Beamten angemessen war", sagt Polizeisprecher Andreas Franken. 

Im Zusammenhang mit dem festgenommen 28-Jährigen stellt sich heraus, er wird nur wegen Schwarzfahrens gesucht. Im Präsidium wird diskutiert, ob Ort und Zeitpunkt der Festnahme "günstig gewählt" waren. "Das polizeiliche Handeln war ungerechtfertigt", kritisieren die G7-Gegner in einer Mitteilung.

Reichlich Polizeipräsenz auf der Theresienwiese.
Reichlich Polizeipräsenz auf der Theresienwiese. © fm

Insgesamt werden elf Personen festgenommen: In sechs Fällen geht es um Angriffe auf Polizisten, zwei Beamte sind mit Plastikflaschen beworfen worden. Fünf der Verdächtigen kommen aus Baden-Württemberg, einer aus Hessen, einer aus Berlin und zwei aus Bayern.

Polizei spielte vor der Kundgebung den Defiliermarsch

Die Polizei war bereits früh mit reichlich Präsenz vor Ort. Besonders kurios: Normalerweise wird der bayerische Defiliermarsch zum Einzug des Ministerpräsidenten auf Veranstaltungen und Volksfesten gespielt, am Samstag kam jedoch auch ein kleiner Teil der G7-Gegner in diesen Genuss.

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

Die Polizei testete eine neue Lautsprecheranlage mit einem bunten Mix aus Musik – vom Defiliermarsch über volkstümliche Schlager bis zu deutschem Rock.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.