"Gravierende Mängel": Kritik an Markus Söders Cannabis-Verbot in München

Seit Anfang Mai gilt unter anderem im Englischen Garten ein Cannabis-Rauchverbot. Der Deutsche Hanfverband sieht den harten Kurs der Staatsregierung skeptisch.
von  Alexander Spöri, Ralf Müller
Im Englischen Garten ist Kiffen tabu. Ob das Verbot auch auf lange Sicht standhält, ist aber fraglich.
Im Englischen Garten ist Kiffen tabu. Ob das Verbot auch auf lange Sicht standhält, ist aber fraglich. © IMAGO/Wolfgang Maria Weber (www.imago-images.de)

München – Rund einen Monat nach dem Inkrafttreten der neuen Parkanlagenverordnung im Englischen Garten, Hopfengarten und Finanzgarten formiert sich Widerstand gegen das darin festgeschriebene Cannabis-Rauchverbot.

Der Deutsche Hanfverband (DHV) weist in einer der AZ vorliegenden Mitteilung auf "gravierende Mängel" in der Gesetzgebung hin. Besonders unverhältnismäßig seien die Auswirkungen dieser neuen Regeln auf Patienten, die medizinisches Cannabis verordnet bekommen und mittels spezieller Geräte verdampfen.

"Obwohl hierbei kein Rauch entsteht, der Dritte belästigen oder gar schädigen könnte, ist diese Einnahmeform im Englischen Garten nun verboten", heißt es in der Erklärung der Gras-Befürworter.

Novelle des Gesundheitsschutzgesetzes: Eine Beschneidung von Freiheitsrechten?

"Durch das Verdampfungsverbot werden Patienten de facto aus dem Englischen Garten ausgesperrt", sagt DHV-Sprecher Clemens Horn aus München. Ihm zufolge sind andere Cannabis-Präparate wie Tropfen wegen ihrer deutlich später einsetzenden Wirkung keine Alternative.

Darüber hinaus sehen der Hanfverband und die Aktivistengruppe Bayrisch Kraut die geplante Novelle des Bayerischen Gesundheitsschutzgesetzes mit großer Skepsis.

Die Regierungskoalition will mit einer Änderung dem Konsum der Droge im Außenbereich von Gaststätten einen Riegel vorschieben. Zudem sollen in speziell abgetrennten Raucherräumen ausschließlich Tabak-Produkte erlaubt sein.

Für die Kritiker ist das eine Beschneidung von Freiheitsrechten – auch weil die Gefährdung für Nichtraucher nicht durch wissenschaftliche Daten gestützt sei.

"Total absurd": Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause sieht neue Cannabis-Regeln skeptisch

Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause bezeichnete die Pläne der Freien Wähler und CSU als "total absurd". In einem Instagram-Video wies der Grünen-Politiker darauf hin, dass Bürgern der Weg zur Klage offen steht: "Vielleicht gibt es da ein paar findige Bürger, die darüber nachdenken", so Krause.

Im AZ-Interview äußerte sich auch Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel zum Cannabis-Verbot im Englischen Garten. Angesprochen auf den Song "Sommer in der Stadt" von der Spider Murphy Gang, in dem es unter anderem um Cannabiskonsum am Monopteros geht, sagte der Beamte: "Ich kenne das Lied auch (lacht). Warten wir mal ab, ob Günter Sigl (Mitbegründer, Sänger und Bassist der Spider Murphy Gang, d. Red.) noch mal seinen Song neu texten muss."

Großer Aufwand für Polizei: Arbeitsbelastung habe sich in "keinster Weise" verbessert

Im Gespräch verdeutlichte Hampel auch, dass Polizeibehörden durch die Teillegalisierung des Cannabis-Konsums und -Besitzes nicht entlastet wurden. Das bestätigt ebenso die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Arbeitsbelastung habe sich "in keinster Weise verbessert", sagte der GdP-Landesvorsitzende Florian Leitner der AZ: "Wir sehen uns derzeit mit nicht umsetzbaren und nicht kontrollierbaren Regeln konfrontiert."

Die Folge sei ein "enormer Schulungsaufwand" sowie ein "Umdenken in der Kontrollpraxis". Nur vordergründig würden die Befürworter der Legalisierung durch weniger Aufgriffzahlen bestätigt, meint der Polizei-Gewerkschafter.

Die Auswirkungen von steigendem Konsum, aufblühendem Schwarzmarkt und einer erhöhten Verkehrsgefährdung durch Verkehrsteilnehmer unter Drogeneinfluss würden alle "noch deutlich zu spüren bekommen". Auch ein "quasi nicht vorhandener Schutz" für Kinder und Jugendliche könne "nicht weggeredet" werden.

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