„Grandios gescheitert“

Miet-Rückstände, Kritik am Konzept: Der Niedergang der Schrannenhalle schreitet unaufhaltsam voran. Fliegt jetzt der Betreiber Jürgen Lochbihler aus der Schranne?
MÜNCHEN Skandal um Skandal: Der Niedergang der Schranne schritt in den letzten Jahren unaufhaltsam voran. Jetzt soll das Gebäude in eine reine Konzerthalle umgewandelt werden – was auf große Proteste stößt (AZ berichtete). Die CSU fordert den Kopf des glücklosen Betreibers Jürgen Lochbihler: „Er hatte Zeit genug, die Schranne in die Gänge zu bringen – und ist grandios gescheitert“, lästert Stadtrat Richard Quaas.
Die Ära Lochbihler könnte schneller vorbei sein als viele sich vorstellen können. Der Betreiber ist laut Zwangsverwalter Johannes Mauder mit der Miete im Rückstand – mit deutlich mehr als einer Monatsrate: „Nach zwei Monaten Rückstand kann ich kündigen.“
Als er Lochbihler auf die Außenstände ansprach, habe dieser wenig Interesse gezeigt. Das nährt die Spekulationen: Der Betreiber wolle es darauf ankommen lassen, von Mauder gekündigt zu werden, heißt es. Lochbihler selbst kann nämlich nicht raus aus dem Vertrag. Wenn er für seine Firma Insolvenz beantragen würde, könnte der Zwangsverwalter seine Miet-Ansprüche vergessen.
Sollte dies wirklich das Kalkül von Lochbihler sein? Er könnte sich verzocken. Denn ob er mit einer neuen Firma, die er gründen will, wieder in die Schranne einziehen dürfte, ist ungewiss. „Ich überlege mir sehr gut, ob ich der Person, die schon das erste Konzept nicht verwirklicht hat, noch eine Chance gebe“, stellt Mauder klar.
Lochbihlers neues Konzept soll's noch richten
Unverdrossen präsentierte Jürgen Lochbihler gestern sein neues Konzept. Den schwarzen Peter schiebt er der Gastronomie zu: „Die macht mehr Probleme als Freude.“ Sie verursache horrende Betriebskosten. „Die Stromrechnung beträgt eine halbe Million Euro im Jahr“, rechnet Jürgen Lochbihler vor, Fernwärme und Wasser kosten monatlich 21000 Euro.
Veranstaltungen, Partys und Produktpräsentationen sollen die Schranne jetzt retten. Dazu sind sechs Themenmärkte und 50 zusätzliche Konzerte geplant. Die Zeit drängt. Schon im Januar soll die neue Schranne starten. Doch auf konkrete Projekte angesprochen, bleibt Lochbihler erstaunlich vage.
An seinen Planungen wurde gestern heftige Kritik laut. „Dass die Halle tagsüber leer steht und abends in ein ganzjähriges Bierzelt verwandelt wird – das können wir uns nicht vorstellen“, erklärte Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker. Auch die CSU meldete Bedenken an: Eine Nutzung als Konzerthalle würde große Probleme mit sich bringen – vor allem in puncto Lärmschutz und Verkehr. Nächste Woche soll die Schranne den Kommunalausschuss beschäftigen. Welche Einflussmöglichkeiten hat die Stadt? Ihr gehört der Grund, auf dem die Schranne steht. Im Erbpachtvertrag ist festgehalten, dass dort Handel, Kultur und Gastronomie stattfinden sollen. „Wenn davon Nutzungen ganz wegfallen, muss geprüft werden, ob das mit dem Vertrag vereinbar ist“, erklärt Kommunalreferentin Gabriele Friderich. Wenn nicht, hat der Stadtrat die Möglichkeiten, den Vertrag anzupassen. Oder das Konzept abzulehnen.
Weil die Schranne unter Zwangsverwaltung steht, ist es theoretisch auch möglich, dass die Stadt die Schranne übernimmt – mit allen Verbindlichkeiten. „Ich gehe aber stark davon aus, dass ich das dem Stadtrat nicht empfehlen werde“, sagt Friderich.
Julia Lenders, Ralph Hub