Gleisüberwachung: Cola-Dose oder Mensch?

Die MVG testet drei Gleisüberwachungssysteme, die die Zahl von gravierenden Personenschäden reduzieren sollen – Kostenpunkt: 600.000 Euro
von  Markus Merz

Die MVG testet drei Gleisüberwachungssysteme, die die Zahl von gravierenden Personenschäden reduzieren sollen – Kostenpunkt: 600 000 Euro

München - Warten bis der letzte Zug kommt. Dann kann es losgehen. Ab aufs Gleis. Hinein in den U-Bahn-Schacht am Rotkreuzplatz. Ein bisschen mulmig ist einem dabei schon. Zwar versichert einem MVG-Chef Herbert König im Vorfeld, dass „kein Zug kommen kann”. Dennoch umgibt die fünfköpfige Gruppe, die sich in der Nacht auf Freitag von den neuen Sicherheitssystemen der Münchner Verkehrs-Gesellschaft überzeugen will, eine gewisse Grundanspannung gepaart mit einem gehörigen Maß an Aufmerksamkeit.

Etwas zur Beruhigung trägt der „Fluchttunnel” bei: Dieser etwa 80 mal 80 Zentimeter große Raum befindet sich durchgängig in jedem Bahnhof direkt unter der Fahrbahnkante.

Ein Jahr lang wird die MVG testen, welches Sicherheitssystem für den Münchner Nahverkehr am sinnvollsten ist. Laser-Scanner, Radar oder Video. Damit nicht zu viel Zeit verloren geht, wurden alle Systeme am selben Ort installiert: am U-Bahnhof Rotkreuzplatz. In einigen Wochen wird eine zweite Testphase an der Studentenstadt gestartet.

Ob Laser-Scanner, Radar oder Video – alle haben zum Ziel, die Wahrscheinlichkeit von gravierenden Personenschäden im U-Bahnbereich drastisch zu reduzieren. „Ganz verhindern werden wir solche Vorfälle aber nie können”, sagt Herbert König.

Mit den neuen Systemen sollen die Fahrer künftig frühzeitig gewarnt werden, wenn sich ein Mensch oder ein größerer Gegenstand auf dem Gleisbett befindet. „Wichtig ist, dass wir unterscheiden können, ob es sich nur um eine Zeitung oder eine ColaDose handelt. Oder doch um einen Kinderwagen oder einen Menschen”, sagt Olaf Frobenius.

Der stellvertretende Leiter der Zugsicherung der U-Bahn erklärt, wie die Systeme funktionieren: „Alle drei sind mit gelben Warnleuchten verbunden, die einmal 40 und einmal 80 Meter vor dem Bahnhof montiert sind. Fällt ein Objekt aufs Gleis, das einen Durchmesser von mindestens 30 Zentimeter hat, werden die Leuchten aktiviert und der Fahrer gewarnt.” So wird vermieden, dass etwa eine ColaDose den Alarm auslöst.

Andererseits können die Systeme ein Problem in keinem Fall lösen. „Gegen Selbstmörder sind wir nicht gewappnet”, sagt Herbert König. Schließlich wirft sich ein Mensch, der seinem Leben ein Ende setzen will, unmittelbar vor den Zug.

Weil die meisten Unfälle aber mit betrunkenen Menschen passieren, sollen Laser-Scanner, Radar oder Video schon bald den Münchner Nahverkehr sicherer machen. Eine Prognose, welches System am Ende vorne liegt, will keiner abgeben,

Auch nicht dazu, wie lange es dauern wird, bis der Testsieger im Münchner Nahverkehr vollständig zum Einsatz kommt. Schließlich ist das alles auch eine Kostenfrage. Alleine die einjährige Testphase mit den drei Systemen an zwei Bahnhöfen kostet 600000 Euro. „Pro System und pro Bahnsteigkante müssen wir mit 100 000 Euro rechnen”, sagt Herbert König.

Hochgerechnet auf das gesamte Münchner Netz (104 Bahnhöfe, 220 Bahnsteigkanten) würden sich die Kosten also auf etwa 22 Millionen Euro belaufen.

Kein Klacks. Aber eine sinnvolle Investition für die Sicherheit.

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