Glatteis in München: Wohin mit dem Splitt nach dem Winter?

München - Der Winter 2024 wird seinem Namen aktuell durchaus gerecht. Schnee und Glatteis haben es in den letzten Tagen Auto- und Radfahrern sowie Fußgänger nicht gerade leicht gemacht, sicher ans Ziel zu kommen. In weiten Teilen Deutschland ging am Mittwoch gar nichts mehr, auf zahlreichen Autobahnen kam es zu Staus von bis zu 50 Kilometer Länge, weil sich auf der Fahrbahn ein dicker Eispanzer gebildet hatte.
In München bat die Polizei sogar darum, wegen hoher Glättegefahr durch gefrierenden Regen möglichst auf alle unnötigen Fahrten zu verzichten.
An zahlreichen Schulen in Bayern fiel und fällt der Präsenzunterricht aus. Am Flughafen München wurden am Mittwoch witterungsbedingt rund 250 Flüge annulliert, das entsprach etwas mehr als einem Drittel der geplanten Starts und Landungen.
Und für die kommenden Tage ist wieder mit sinkenden Temperaturen bis zu minus 10 Grad, Neuschnee und gebietsweise erneut mit gefrierendem Regen zu rechnen – erneut höchste Glatteis-Gefahr in München also.
Straßen und Wege räumen: Wer ist in München für den Winterdienst verantwortlich?
Um ein mögliches Verkehrschaos zu verhindern oder so gering wie möglich zu halten, hat der Winterdienst alle Hände voll zu tun. Dieser ist in der Stadt München zweigeteilt. Auf den öffentlichen Straßen und Plätzen innerhalb des Mittleren Rings und Teilen Pasings – das sogenannte Vollanschlussgebiet – erfolgt der Winterdienst durch die städtische Straßenreinigung des Münchner Baureferats. In diesem Bereich werden die Fahrbahnen, Geh- und Radwege, Plätze und Fußgängerzonen vom städtischen Winterdienst geräumt und gestreut, wie man dem Winterdienst-Infoblatt des Münchner Baureferats entnehmen kann.
Ob die Straße, in der Sie wohnen, zum Vollanschlussgebiet gehört und vom Winterdienst der Stadt München betreut und gereinigt wird, können Sie hier herausfinden.
Außerhalb des Vollanschlussgebietes erfolgt der Winterdienst im gesamten Stadtgebiet auf den vorrangigen Fahrbahnen durch Vertragsfirmen. Diese werden durch die Winterdiensteinsatzleitung des Baureferates koordiniert und gesteuert.
Doch wie sieht es mit dem Winterdienst auf den Gehwegen außerhalb des Vollanschlussgebietes aus? Wer trägt hier die Verantwortung? Für die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes auf Gehwegen sind die anliegenden Grundstückseigentümer verantwortlich, dies ist in §3 der vom Münchner Stadtrat beschlossenen städtischen Straßenreinigungs- und Sicherungsverordnung vom 17. Dezember 2010 geregelt.
Für die Räum- und Streupflicht ist also in erster Linie der Hauseigentümer verantwortlich, diese kann aber, wie häufig praktiziert, auf den Mieter abgewälzt werden. Dies muss allerdings in jedem Fall im Mietvertrag festgelegt sein. Ist dies der Fall, ist der Eigentümer bzw. Vermieter dennoch überwachungspflichtig, ober der Mieter seiner Räum- und Streupflicht ordnungsgemäß nachkommt.
Sturz und Verletzung: Wer trägt die Verantwortung bei Unfall auf nicht geräumten Gehweg?
Was aber, wenn dies nicht der Fall ist und man auf einem nicht geräumt und gestreuten Gehweg ausrutscht und sich verletzt? Ansprechpartner ist in diesem Fall zunächst der Eigentümer des Anwesens bzw. der Vermieter. Kommt nun jemand zu Fall und zieht sich dabei Verletzungen zu, so hat er, sofern dem Verantwortlichen eine Verletzung der Räum- und Streupflicht nachgewiesen werden kann, Anspruch auf Erstattung bzw. Übernahme anfallender Arzt- und Krankenhauskosten sowie auf Schmerzensgeld (§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch "Schadensersatzpflicht").
Wie hoch die finanziellen Ansprüche sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zu unterscheiden wäre dabei der materielle vom immateriellen Schaden. Daher sollte man jegliche Rechnung, die im Zusammenhang mit dem Sturz stehen, aufheben und sämtliche Kosten dokumentieren.
Bei der Höhe des Schmerzensgeldes spielt es eine Rolle, ob eine oder mehrere Operationen notwendig sind, wie lange die Heilbehandlung andauert und ob es zur vollständigen Genesung kommt oder Dauerschäden bleiben.
Wann muss in München eigentlich geräumt und gestreut werden?
Um ein solches Szenario zu vermeiden, ist es unabdingbar, seiner Räum- und Streupflicht nachzukommen. Doch in welchem Zeitraum ist man zum Winterdienst verpflichtet? Grundsätzlich gilt, dass Gehwege an Werktagen (also auch samstags) zwischen 7 und 20 Uhr geräumt und gestreut werden müssen. An Sonn- und Feiertagen gilt dies zwischen 8 und 20 Uhr. Ab dieser Zeit müssen die Gehwege gefahrlos benutzbar sein, d.h. dass man auch mehrmals täglich seiner Räum- und Streupflicht nachkommen muss.
Dabei kann man sowohl auf Splitt, als auch auf Sand zurückgreifen. Aus Umweltschutzgründen ist allerdings die Anwendung von Streusalz verboten und kann mit einem Bußgeld belegt werden, außer dieses Verbot wird temporär außer Kraft gesetzt, wie zuletzt im Dezember 2023.
Müll oder Recycling: Was passiert mit dem Splitt nach dem Winter?
Doch was passiert eigentlich mit dem ganzen verteilten Splitt, wenn der Winter sich verabschiedet hat? Knapp 15.000 Tonnen der kleinen Steinchen hat der Winterdienst der Stadt im Winter 2022/23 auf Straßen und Gehwegen Münchens verteilt. Doch sind Schnee und Eis erst einmal weggetaut, liegt der Splitt weiter herum. Was nicht durch die normale Straßenreinigung aufgekehrt wird, wird dann mit dem traditionellen "Frühjahrsputz", der, wenn das Wetter mitspielt, Ende März beseitigt. Dabei werden dann von der städtischen Straßenreinigung und den beauftragten Unternehmen etwa 2.400 km Straßen (das entspricht ungefähr der 2,5-fachen Gesamtstrecke der A7, mit 963 km die längste deutsche Autobahn), 12.500 Quadratmeter Fußgängerzonen (was einer Größe von 17,5 Fußballfeldern gleichkommt), 980 km Radwege und 1.500 km Gehwege vom Splitt befreit.
Danach kommt der aber einfach auf dem Müll, denn dann greift das Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz, welches besagt, dass der gesammelte Splitt recycelt und wiederverwendet werden muss. Allerdings sind die kleinen Steinchen für einen weiteren Streueinsatz im Winterdienst nicht mehr geeignet, da Splitt der bereits Wochen und Monate auf den Verkehrsflächen ge- und zerrieben wurde, nicht mehr die notwendigen Materialeigenschaften wie u.a. Bruchflächig- und Kantigkeit aufweist, wie das Baureferat der AZ auf Nachfrage bestätigte.
"Das Material aus der Splittabkehr wird nach der Abkehr auf den Betriebshöfen gesammelt und von hierfür spezialisierten Entsorgungs- und Recyclingunternehmen abgeholt und weiter verwertet. Das Recycling erfolgt mit dem Ziel, möglichst viel Material einer weiteren Verwertung im Stoffkreislauf zuzuführen. Lediglich die verbleibenden Reststoffe und Abfälle werden klassisch entsorgt", so eine Sprecherin des Baureferats zur AZ.
Der nach dem Recycling wieder gewonnene Splitt wird anschließend an Baufirmen veräußert und im Baubereich, z.B. bei neuen Straßen, weiterverwendet.