Bei Glatteis in München: Stadtrats-Fraktion macht kuriosen Vorschlag für sichere Straßen

München - Auf Geh- und Radwegen war es diesen Winter im Januar und Dezember glatt – so sehr, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eine Anordnung erließ: Die städtische Straßenreinigung und Anwohner durften Salz ausstreuen. Davor war Streusalz in München verboten – zum Schutz der Natur. Die Anordnung des OB lief am Mittwoch aus. Der Stadtrat musste deshalb in der Vollversammlung entscheiden, wie es weitergehen soll.
Jetzt steht fest: Nur bei extremen Wintereinbrüchen, wenn mindestens eine Warnung des Deutschen Wetterdienstes der Stufe 3 vorliegt, darf der Räumdienst Salz verwenden. Glätte und zum Beispiel auch überfrierende Nässe kann es schon bei Stufe 1 und 2 geben. Dann würde der Räumdienst weiterhin Splitt ausfahren. Stufe 3 und 4 liegen etwa bei gefrierendem Regen vor, bei extremen Glatteis oder wenn es in München innerhalb von sechs Stunden mehr als zehn Zentimeter schneien würde.
Bei Glätte in München: Anwohner dürfen kein Streusalz verwenden
Als Dieter Reiter die Anordnung erließ, gab es solche Wetterwarnungen. Aber anders als in seiner Anordnung ist es ab jetzt nicht mehr erlaubt, dass Anwohner Salz auf ihre Gehwege streuen. Das Baureferat wird auch nicht überall salzen, sondern nur dort, wo sonst die Straßen nicht sicher wären. Hintergrund, warum sich Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer (Grüne) gegen eine pauschale Salz-Erlaubnis aussprach: Salz schadet den Bäumen.
In Obermenzing konnte das Baureferat das beobachten. Dort startete die Verwaltung einen Testversuch und leitete das Abwasser von der Straße, wo Salz eingesetzt wird, in die Baumgruben ab. Äste trockneten ein, Blätter wurden braun, auf dem Boden wuchs kein Gras mehr. Das Baureferat schloss daraus, dass die Stadt mit Salz vorsichtig sein muss.
SPD-Stadtrat Gradl : "Wir wollen nicht, dass die Vegetation in München kaputt geht"
Um die Stadträte von dieser Haltung zu überzeugen, warb das Baureferat in allen Fraktionen. Und schließlich stimmten nur die ÖDP und die Linke dagegen. Die sehen Salz noch kritischer und würden es lieber ganz verbieten. SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl erinnerte daran, dass es einst die SPD war, die das Salz-Verbot in München erließ.
"Das wollen wir nicht komplett kippen, denn wir wollen nicht, dass die Vegetation in der Stadt kaputt geht", sagte Gradl. Schon im März wird sich der Stadtrat voraussichtlich noch einmal mit dem Winterdienst beschäftigen. Baureferentin Ehbauer erklärte, dass sie gerade an einer neuen Vorlage arbeite. "Wir evaluieren kontinuierlich Verkehrsversuche."
Auch Grünen-Stadtrat Florian Schönemann sagte, dass die Stadt nicht bloß möglichst schnell alles "wegschmelzen" solle. Zum Beispiel wird die Stadt auch neue Fahrzeuge kaufen, die Schnee auf Radwegen nicht nur wegräumen, sondern auch wegkehren. Vor dem Winter 2025 soll das neue Konzept stehen, beantragten Grüne und SPD. CSUler Alexander Reissl vermutete einen Tippfehler. Ein Winter kommt doch schon heuer?
Gurkenwasser gegen Glatteis?
Tatsächlich hat sich die Koalition den Antrag wohl überlegt: Zwar soll das Baureferat einige neue Fahrzeuge kaufen, allerdings soll die Stadt den nächsten Winter erst einmal nutzen, um zu proben und evaluieren. Die ÖDP hatte beantragt, Alternativen zum Salz zu suchen. Ein Vorschlag: Gurkenwasser. Klingt absurd? Der Münchner Flughafen nutzt tatsächlich Wasser, was bei der Essiggurken-Produktion übrigbleibt.