Gewaltsames Ende einer Zwangsehe: Mordprozess platzt

München - Es war zu Ende, bevor es so richtig angefangen hatte: Der Prozess gegen einen 57-Jährigen, der vor 24 Jahren seine Frau ermordet haben soll, musste am Donnerstag von der 2. Strafkammer des Landgerichts München I noch vor Beginn der Verhandlung ausgesetzt werden. Der Grund: Die Verteidiger Adam Ahmed und Ömer Sahinci hatten einen diesbezüglichen Antrag gestellt. Ihre Kritik: Ihr Mandant spreche nicht gut genug Deutsch, die 207 Seiten der Anklage waren aber bislang noch nicht für ihn ins Türkische übersetzt worden. Das soll jetzt nachgeholt werden. Möglicher neuer Beginn: der 21. Januar. Der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann forderte die Prozessbeteiligten auf, sich diesen Tag schon einmal freizuhalten.
Ehemann steht unter Mordverdacht, vor 25 Jahren reichten die Beweise noch nicht
Auch Staatsanwalt Daniel Meindl stellte sich am Donnerstag dem Antrag zur Aussetzung nicht entgegen, bemängelte aber, dass die Verteidigung nicht schon früher darauf aufmerksam gemacht hatte, dass eine Übersetzung für den seit Jahrzehnten in Deutschland lebenden Mann nötig sei.
Der Fall: Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, seine Ehefrau im Februar 2000 aus Eifersucht gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter erwürgt zu haben. Die Mutter seiner vier Kinder war nach Jahren der Demütigungen und Misshandlungen in ein Frauenhaus geflohen, hatte sich von ihrem Mann getrennt und sich ein Leben mit einem neuen Lebensgefährten aufgebaut.
Das Opfer war zum Zeitpunkt der Tat 28 Jahre alt. Sie soll bereits als 15-Jährige in der Türkei von ihren sehr traditionsbewussten und konservativen Familien mit ihrem Cousin zwangsverheiratet worden sein, und musste zu ihm nach Deutschland ziehen. Dort wurde sie von der Familie ihres Mannes jahrelang ausgebeutet, wie eine Sklavin behandelt, gedemütigt und körperlich misshandelt. Ihr Mann soll dabei den Ermittlungen zufolge besonders brutal vorgegangen sein und sie auch vergewaltigt haben.
Haftbefehl erging im Dezember 2023
Der Angeklagte war schon kurz nach der Tat in Verdacht geraten, doch die Beweise reichten damals nicht für eine Anklage. Das änderte sich im vergangenen Jahr. Ein Zeuge meldete sich bei der Polizei. Aufgrund seiner Angaben überprüfte die Staatsanwaltschaft den Fall erneut und beantragte im Dezember 2023 Haftbefehl.
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