Gewalt gegen Lehrer nimmt zu. Der Lehrerverband hat erstmals eine Studie vorgestellt.

Mehr Fälle und krassere Ereignisse: Verbale und körperliche Angriffe auf Lehrerinnen und Lehrer nehmen zu – im Bund und in Bayern. Der Bayerische Lehrerverband hat nun erstmal Zahlen präsentiert.
München - Drohungen, Beleidigungen, Tritte, Schläge und Diffamierung im Internet: Gewalt in der Schule ist ein Thema, mit dem Lehrerinnen und Lehrer oft konfrontiert werden – auch als Opfer. Das Thema wird allerdings tabuisiert, Hilfestellung auf einer höheren Ebene als der eigenen Schulleitung bekommen wenige Lehrer – sie fühlen sich allein gelassen.
Das zeigt eine repräsentative Forsa-Statistik, die der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrer-Verband (BLLV) und der Gewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Auftrag gegeben haben und für die 2000 Lehrkräfte befragt wurden.
"Wir müssen reden über das, was an den Schulen passiert"
"Die Sprache verroht, Konflikte eskalieren schneller und öfter, der Respekt für Lehrer sinkt", beklagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. "Und die schlimmste Relativierung, die ich kenne, ist: Das gehört nun mal zu deinem Job."
Diese und ähnliche Aussagen zeigten, dass es sich immer noch um ein Tabuthema handele. "Wir müssen aber reden über das, was an den Schulen passiert. Für Vorsorge und Schutz ist der Dienstherr zuständig. Gewalt gegen Lehrer ist nicht deren Privatproblem."
An bayerischen Schulen kommen laut der Umfrage Fälle von körperlicher Gewalt eher selten vor: 4 Prozent der Befragten gaben an, Ziel von physischen Angriffen gewesen zu sein. Psychische und verbale Aggressionen finden dagegen häufig statt – an allen Schularten etwa gleich häufig, ebenso das sogenannte „Cybermobbing“, also Mobbing über elektronische Kommunikationsmittel.
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"Grundsätzlich werden die Fälle härter und mehr", sagt BLLV-Juristin Christina Bädeker. Als ein Beispiel nennt sie – anonymisiert – einen Vorfall vor etwa drei Jahren, als ein Schüler in Bayern dem Rektor seiner Schule vorwarf, ihn grün und blau geschlagen zu haben. Drei andere Schüler bezeugten die Geschichte. Erst über einen Gutachter, den der BLLV einsetzte, stellte sich heraus: Die blauen Flecken waren vor dem Tag der Anzeige entstanden. "Der Schüler gab dann zu, sich die Geschichte ausgedacht zu haben, weil er böse auf den Rektor war. Der hatte ihn öfter nachsitzen lassen." Die anderen Schüler wollten ihren Freund unterstützen. "Der Rektor ist noch heute in psychologischer Behandlung, nachdem ein halbes Jahr gegen ihn ermittelt wurde. Er hätte sich dringend mehr Unterstützung gewünscht."
Gewalt geht auch von Eltern aus
Die psychische und verbale Gewalt gegen Lehrer geht aber nicht nur von Schülern aus, sondern laut Statistik fast zu gleichen Teilen auch von Eltern. "Immer öfter drohen Eltern den Lehrern mit dem Anwalt", sagt Bädeker. "Vor allem, wenn ich das sagen darf, oft bei Pipifax wie schlechten Noten."
Bisher gab es keine Statistik zur Gewalt gegen Lehrkräfte, "die Daten wurden gezielt aus der Veröffentlichung herausgehalten und Fälle nicht publiziert", kritisiert BLLV-Präsidentin Fleischmann. Sie fordert deshalb, dass Vorfälle aller Art ab sofort verpflichtend gemeldet und die Zahlen veröffentlicht werden.
Außerdem brauche es klare Strukturen, was nach einem Übergriff zu tun sei, ein breites Fortbildungsangebot – präventiv und interventiv, und außerdem "die volle Unterstützung durch den Dienstherren."