Gesucht: Der Super-Bankmann
München - Wenn Harald Strötgen die Bankenberichte liest, bekommt er regelmäßig die Krise. Dann schimpft er über den „Casino-Kapitalismus“ und die „Zockerbuden“ der diffusen Finanzmärkte. Doch kaum schaut er auf die Bilanzen seines eigenen Hauses, durchströmen ihn Glückshormone: Denn in seiner Sparkasse klingt es wie das fröhliche Bimbam der Glocken im Dom vorm Hochamt. Strötgen ist eben: Münchens bester Banker.
Aber nicht mehr lange. Der Verwaltungsrat um OB Christian Ude hat den Vertrag des 65-Jährigen bis Ende 2013 verlängert. Headhunter suchen bundesweit bereits seinen Nachfolger. In der Stellenausschreibung stehen die üblichen Floskeln wie „integre Persönlichkeit mit einer fundierten theoretischen Ausbildung“, „umfassendes Knowhow des gesamten Bankgeschäfts“ oder „überzeugende Führungskompetenz“.
In München freilich muss der Banken-Supermann in Wirklichkeit noch weit mehr können. Denn die Schuhe sind groß, die Harald Strötgen zurücklässt – und die Ansprüche Münchens an die Bank der Stadt auch. Die AZ beschreibt, was hinter der Stelle steckt, und was der Supermann außer Fachwissen mitbringen muss.
Was er bekommt: 423.000 Euro verdiente Harald Strötgen 2010 (inklusive 63.518,40 Euro Prämie). Das ist weniger, als andere Banker einsacken. Aber im schönen München muss man auch kein Provinz-Schmerzensgeld bezahlen. Bei der Stadt hat nur Stadtwerkechef Kurt Mühlhäuser mehr (439.000 Euro). Das Stadtoberhaupt Christian Ude geht übrigens für ein schlappes Drittel dieser Summe arbeiten.
Was er regiert: Die Stadtsparkasse ist die größte bayerische und fünftgrößte deutsche Sparkasse. Strötgen machte sie zum Spitzenreiter aller deutschen Sparkassen und in München zum Marktführer im Privatkundengeschäft: mit 800.000 Kunden, 2497 Mitarbeitern, 280 Azubis, 91 Geschäftsstellen, 47 Kompetenz- und Beratungszentren, 177 Geldautomaten – und einer Bilanzsumme von zuletzt 15,2 Milliarden.
Was er können muss: Rechnen, nicht zocken. Dreimal präsentierte Strötgen den größten Gewinn in der Geschichte der Münchner Stadtsparkasse, als rundherum Banken und Staaten crashten: 2007, 2009 und 2010. Zuletzt bekamen die Mitarbeiter zur Belohnung 1500 Euro Prämie.
„Wir haben nicht in diese riskanten Vermögenswerte investiert“, beschreibt Strötgen seine Erfolgsstrategie: „Früher wurden wir dafür belächelt. Aber hohe Rendite bedeutet auch hohes Risiko.“ Darum bringen ihm immer mehr vermögende Münchner und sogar Bankkollegen ihr Geld.
Was er haben muss: Ein großes Herz und eine starke Hand, um den Deckel auf der Kasse zu halten. Die Stadtsparkasse muss schon mal Löcher der Stadt stopfen. Wie bei den Münchner Symphonikern, die der Stadtrat nicht mehr subventionieren wollte. Ude schob sie unter Strötgens Fittiche.
Was er braucht: Ein soziales Gewissen. „Weil ich im Leben immer Glück gehabt habe, ist daraus bei mir der Wunsch entstanden, ein wenig an andere zurück zu geben“, sagte Strötgen einmal. In seiner eigenen Bescheidenheit stolziert er nicht zu Bussi-Terminen. Er ist sozial in vielen Ehrenämtern großzügig unterwegs: Für die Symphoniker, den Tierpark, die Wiesn-Stiftung, die Weiße Rose, für ein Kinderpalliativzentrum, das jüdische Gemeindezentrum, die Dominik-Brunner-Stiftung oder bei Hilfsaktionen der AZ.
Mit fünf Stiftungen gehört seine Bank zu den stifterisch aktivsten Unternehmen in Deutschland. 12,7 Millionen Euro spendete die Stadtsparkasse 2010 für soziale und kulturelle Projekte in München.
Die rote Hand: Ja, ja. Strötgen ist ein Roter. Aber er genießt den Respekt der Schwarzen. Manche von ihnen hätten ihn gern zur Landesbank geholt.
Muss er Münchner sein? Nein. Der leidenschaftliche Münchner Harald Strötgen ist Essener. Sein Vorgänger Josef Turiaux kam aus Aachen.