Gerichtsvollzieher leben gefährlich
Am Amtsgericht arbeiten etwa hundert Gerichtsvollzieher. Sie werden fast jede Woche attackiert
MÜNCHEN Beleidigt, bespuckt, bedroht, tätlich angegriffen - das ist der Alltag für Münchens 100 Gerichtsvollzieher. Gerlinde Nieder, Leiterin der Dienstaufsicht, kann sich dennoch auf ihre Truppe verlassen. Trotz der Anfeindungen, der physischen und psychischen Belastungen habe sie als Leiterin kaum mit Krankmeldungen zu kämpfen. Dabei würden jede Woche Gerichtsvollzieher attackiert und Strafanträge gestellt.
In Erinnerung ist noch der Fall des Karlsruher Gerichtsvollziehers, der bei einer Zwangsräumung vom Schuldner erschossen wurde. Auch in München gab es Mordversuche, weiß Nieder. In lebhafter Erinnerung ist ihr der 59-Jährige aus Waldperlach, der im März 2006 einen Obergerichtsvollzieher in dessen Büro in Ramersdorf niedergestochen hatte. Als Motiv gab der Täter damals an, der Gerichtsvollzieher habe sein Hab und Gut gepfändet.
Wenn der Schuldner als aggressiv bekannt ist, kann sich der Gerichtsvollzieher Unterstützung durch Polizeibeamte holen. Die zunehmenden Übergriffe sind ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen, glaubt der Präsident des Amtsgerichts, Gerhard Zierl. Der Respektverlust sei auch im Umgang mit Lehrern, Schaffnern oder anderen Respektspersonen zu beobachten. „Viele Schuldner glauben, ihre möglicherweise bestehenden Vorbehalte oder Aggressionen gegen den Gläubiger am Gerichtsvollzieher auslassen zu müssen.”
Dabei nehmen Gerichtsvollzieher eine wichtige Rolle wahr. Ohne ihre Arbeit könnten niemand seine Ansprüche durchsetzen. 2012 haben Gerichtsvollzieher 124625 Vollstreckungsaufträge durchgesetzt und 765 Versteigerungen von gepfändeten Gegenständen durchgeführt. Das brachte Gläubigern immerhin 36,607 Millionen Euro ein.
Dazu kommen die Versteigerungen von Immobilien, vom Tiefgaragenplatz bis zum Mehrfamilienhaus. Der Erlös belief sich hier im vergangenen Jahr bei 427 Immobilien auf 75, 011 Millionen Euro.
Schnäppchen sind aber derzeit nicht drin. Die versteigerten Immobilien werden meist über ihrem Verkehrswert verkauft. In München liegt der Erlös im Durchschnitt etwa 17 Prozent über dem Verkehrswert – aber das liegt am Immo-Markt. Nicht am Gerichtsvollzieher.
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