Gerichtssprecherin Andrea Titz: Pumps und klare Worte
München – Sie steht vor den Kameras. Unermüdlich. In sehr hohen Pumps. Immer mit einer druck- oder sendefähigen Aussage. Der NSU-Prozess, vor allem aber die Verfahren gegen Uli Hoeneß und Bernie Ecclestone haben die Münchner Gerichtssprecherin Andrea Titz zur Medien-Figur gemacht. Ihr extravagantes Outfit wird manchmal selbst Gegenstand der Berichterstattung.
Derzeit zieren die Bilder mit der Sprecherin des Oberlandesgerichts (OLG) München im Zusammenhang mit dem Ecclestone-Prozess die Blätter. Vergangene Woche dirigierte die Frau mit den dunklen Haaren und der tiefen Stimme auch gleich Ecclestones Anwälte vor die Kameras – eine ungewöhnliche, pragmatische Lösung.
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„Ich habe die Verteidiger gefragt, ob sie auch für ein Statement zur Verfügung stehen. Natürlich interessiert die Medien auch die andere Sicht“, sagt die 44-Jährige. „Da ist es doch das Praktischste, wenn die Leute sich schon mal aufgebaut haben, dass man sagt: Wenn Sie wollen, können Sie hier auch eine Stellungnahme abgeben oder auf Fragen antworten.“
Seit nicht einmal einem Jahr leitet Titz die Pressestelle. Ihre Chance bekam sie, als das OLG wegen des missglückten NSU-Akkreditierungsverfahrens in der Kritik stand. OLG-Präsident Karl Huber holte Titz, zuvor Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II, zur Unterstützung. Sie kam, sprach – und glättete die Wogen. „Es war schon eine große Herausforderung, insbesondere auch die Durchführung des zweiten Akkreditierungsverfahrens – aber auch die Möglichkeit, ad hoc sehr viel zu lernen.“
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An medienträchtigen Prozessen mangelt es in München nicht. Seit einem Jahr läuft das NSU-Verfahren, gerade wurde FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung verurteilt, nun sitzt Formel-1-Chef Bernie Ecclestone auf der Anklagebank. Daneben laufen stets Mord- und Wirtschaftsprozesse, etwa ein BayernLB- und ein Siemens-Verfahren.
Trotzdem kann die Juristin, die auch stellvertretende Vorsitzende im Präsidium des Deutschen Richterbundes ist, den Hunger der Medien nach Informationen meist befriedigen: Sie erklärt – mit leicht bayerischem Zungenschlag – juristische Hintergründe verständlich. Und sie weiß, dass Medien O-Töne auch dann brauchen, wenn es gar nichts Neues gibt.
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„Ja, das macht mir Spaß“, sagt sie über ihren Pressejob. Zu 75 Prozent ist sie als Richterin dafür freigestellt, zu 25 Prozent befasst sie sich in einem Bausenat am OLG mit Pfusch am Bau.
Hobbys? „Ich bin eine wirkliche Vielleserin und lese alles von banalen Krimis über Biografien bis hin zu historischen Dingen.“ Oder sie steht mit ihrem Mann in der Küche. „Wir haben sehr oft Gäste zuhause, die wir aufwendig bekochen.“ Mit Blick auf ihre superschlanke Figur: „Ich koche sehr gerne – das glaubt immer keiner.“ Und sie reist gern – nächstes Ziel: „Im Herbst Südafrika.“
Zum Jurastudium in Passau kam die gebürtige Oberpfälzerin durch Freunde, die davon begeistert waren. „Es hat sich dann herausgestellt, dass es mir sehr viel Spaß macht“, sagt sie. „Ich hätte mich für ganz viele andere Sachen auch interessiert, für Medizin oder ein Sprachstudium oder verschiedene andere Dinge.“
Seit 1995 ist sie bei der Justiz, erst bei der Staatsanwaltschaft Traunstein und nach diversen Stationen als Richterin ab 2005 bei der Anklagebehörde in München. Dort leitete sie zuletzt die Abteilung für Kapitalverbrechen und Vollstreckung.
Das Outfit der 44-Jährigen regt immer wieder einmal zu eigener Berichterstattung an: mal ein enges rotes Kleid, mal ein schwarzes mit Spitze, mal Schlangenmuster, mal Leoparden-Mini – und vor allem die Schuhe: immer sehr hoch, farbig, auch mal lila oder golden.
„Titz macht Hoeneß-Prozess zur Show“ schrieb „focus.de“, und „Bild.de“ kommentierte: „Der Hingucker auf dem Gerichtsflur.“ Wer Andrea Titz von früher kennt, weiß aber: Sie hat sich immer schon extravagant gekleidet, jenseits jeden Medienauftriebs. Sie selbst sagt: „Da die Kommentare doch meist recht freundlich waren und ja immerhin noch konzediert wird, dass ich auch mit juristischer Fachkenntnis aufwarten kann, kann ich damit gut umgehen.“