Gericht kippt Freisprüche: Rückschlag für die Eizellenspende

München - Hans-Peter Eiden hält sich für einen Berufsoptimisten. Doch den Chef des Netzwerks Embryonenspende hat der laufende Prozess gegen ihn und zwei Mediziner wegen Missbrauchs von Fortpflanzungstechniken beziehungsweise Beihilfe dazu an den Rand seiner Zuversicht gebracht. Und darüber hinaus. "Ich habe schlecht geschlafen", erklärt er dem AZ-Reporter kurz vor der Urteilsverkündung des Bayerischen Obersten Landgerichts.
An 33 kinderlose Paare Eizellenspenden vermittelt
Eine dunkle Vorahnung? Der Senat unter dem Vorsitz von Reinhold Baier kippt am Mittwoch in wichtigen Teilen das Urteil des Landgerichts Augsburg. Die schwäbischen Richter hatten die drei Angeklagten von den Vorwürfen freigesprochen. Wie zuvor auch schon das Amtsgericht in Dillingen.
Der Hintergrund des Falles: Der Verein Netzwerk Embryonenspende hat in den Jahren 2014 und 2015 in 33 Fällen kinderlosen Paaren Eizellenspenden vermittelt. Ohne dafür Geld zu nehmen, wie Eiden erklärt.
Dabei handelte es sich um Eizellen, die anderen Frauen im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen entnommen wurden und übrig blieben, weil sie nicht mehr gebraucht wurden. Diese Eizellen hätten ansonsten vernichtet werden müssen. Die Frauen wurden gefragt, ob sie die überzähligen Eizellen stattdessen nicht lieber anderen Frauen mit Kinderwunsch spenden wollten.
Spenden unbefruchteter Eizellen explizit verboten
Es geht im Kern um die Frage wann beginnt Leben, wann liegt eine Befruchtung der Eizelle vor? Bereits in dem Moment, wo eine Samenzelle in eine Eizelle injiziert wird und das sogenannte Vorkernstadium erreicht ist, oder doch erst wenn die beiden Zellen tatsächlich verschmelzen?
In Deutschland ist nur die Spende unbefruchteter Eizellen laut dem Embryonenschutzgesetz von 1990 explizit verboten. Der Transfer von Embryonen ist dagegen straffrei. Auch für die Münchner Richter juristisches Neuland. Es ist das erste Mal, dass eine obergerichtliche Entscheidung zu dem Thema fällt, erklärt eine Gerichtssprecherin. Die Urteilsbegründung erinnert denn auch stark an eine Biologie-Doppelstunde zum Thema Fortpflanzungstechnik.
Der Senat hat das Verfahren zurück nach Augsburg verwiesen. Eine bislang nicht beteiligte Strafkammer soll herausfinden, in welchem Stadium sich die Eizellen befanden und ob und inwieweit sich die Angeklagten darüber klar waren.
Nach den Freisprüchen in der Vorinstanz bedeutet die Entscheidung einen schweren Rückschlag. Hans-Peter Eiden versucht erst gar nicht, sein Entsetzen zu verbergen, und vergräbt das Gesicht in den Händen.