Gericht kippt Bezahlkarte für Geflüchtete: Grüne und Linke fürchten gleiches für München

München - In Hamburg hat das Sozialgericht geurteilt, dass es nicht rechtens ist, Geflüchteten nur 50 Euro Bargeld im Monat zu geben und den Rest auf einer Bezahlkarte. Eine Familie, die in einer Hamburger Erstaufnahmeeinrichtung lebt, hatte dagegen geklagt und Recht bekommen. Laut dem Gericht müsse jeder Einzelfall geprüft werden. Der Familie sprach das Gericht einen monatlichen Bargeldbetrag von 270 Euro im Monat zu. Zuvor hatte sie nur 110 Euro bekommen.
Hohe Wahrscheinlichkeit, dass bayerische Gerichte ähnlich entscheiden
Dieses Urteil ist für die Grünen/Rosa Liste und die Linke/Die Partei im Münchner Stadtrat der Anlass, um von der Stadt zu fordern, dass die Bezahlkarte in München vorerst nicht eingeführt wird. Es bestehe eine "hohe Wahrscheinlichkeit", dass auch bayerische Sozialgerichte und gegebenenfalls auch höchstrichterliche Bundesgerichte ähnlich entscheiden. Die Einführung eines "rechtlich mehr als fragwürdigen Systems" sei darum "nicht vertretbar". Darauf hätten auch bereits vor der Einführung Nichtregierungsorganisationen und Juristen hingewiesen. Die Stadt soll deshalb so lange mit der Einführung der Bezahlkarte warten, bis die Rechtmäßigkeit belastbar geklärt sei. Das soll sie dem bayerischen Innenministerium mitteilen.
Verstößt die Bezahlkarte für Flüchtlinge gegen Grundrechte?
Das Hamburger Urteil bestätige, was die Grünen/Rosa Liste immer gesagt hätten, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Clara Nitsche. "Die Bezahlkarte verstößt in ihrer jetzigen Form mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen Grundrechte. Das Sozialreferat darf nun kein Risiko eingehen und muss die Einführung aussetzen". Eine "deftige Watschn für die CSU" ist das Urteil für den parteilosen Stadtrat Thomas Lechner, der sozialpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke/Die Partei. Die CSU solle "diese Plastikkarten schleunigst wieder einstampfen, endlich die Arbeitsverbote aufheben" und mit einer besseren Sprachförderung für eine bessere Integration von Geflüchteten sorgen.
Nur 50 Euro Bargeld pro Person stehen zur Verfügung
Die Stadt wurde vom Freistaat dazu verpflichtet, bis Ende Juni die Bezahlkarte für Geflüchtete einzuführen. Die sieht vor, dass pro Person (ab dem 14. Lebensjahr) nur 50 Euro in bar ausgezahlt werden und alle restlichen Bezahlvorgänge mit der Karte getätigt werden müssen. Die Funktion der Karte ist allerdings begrenzt auf die Stadt und die umliegenden Landkreise.
Überweisungen sind mit der Karte grundsätzlich nicht möglich, ohne vorherige Prüfung beim bayerischen Innenministerium. Geflüchtete müssen eine gewünschte Überweisung per E-Mail beantragen und die wird dann entweder zugelassen oder abgelehnt. Im Stadtrat gab es zur Einführung viel Kritik an der Bargeld-Grenze von fast allen Fraktionen, selbst CSU-Stadträtin Alexandra Gaßmann fand den Bargeldbetrag von 50 Euro pro Monat zu niedrig für eine teure Stadt wie München. Die Karte an sich befürworten auch die Grünen. Sie würden aber ein System wie in Hannover bevorzugen, wo es keinerlei Einschränkungen bei der Nutzung gibt.