Gerhard Frey: Rechte Sirenentöne aus Pasing

In der AZ-Serie zur Geschichte faschistischer Umtriebe in München geht es diesmal um die rechtsradikale Wochenzeitung des Verlegers Gerhard Frey.
Karl Stankiewitz |
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Hetz- und Hasstiraden in Medien und Politik: Verleger und DVU-Chef Gerhard Frey (links) und Franz Schönhuber, der frühere Bundesvorsitzende der Republikaner und 1998 bayerischer DVU-Spitzenkandidat.
dpa Hetz- und Hasstiraden in Medien und Politik: Verleger und DVU-Chef Gerhard Frey (links) und Franz Schönhuber, der frühere Bundesvorsitzende der Republikaner und 1998 bayerischer DVU-Spitzenkandidat.

München - Mit einer Druckauflage um die 100.000 und einem gesalzenen Preis konnte das rechtsradikale Blatt aber auch ohne Beschlagnahme-Publicity gut existieren. Mehr noch versprach Frey sich von der Solidarität so mancher Kameraden im In- und Ausland, in diversen Parteien und sogar in demokratischen Parlamenten.

Schon die Geschichte des ultrarechten Zentralorgans enthüllt, dass da nicht nur ein paar unverbesserliche Querköpfe am Werk waren: Im Internierungslager Garmisch von gefangenen NS- und SS-Männern geboren, erhielt das "antikommunistische Kampforgan" zeitweilig Geld aus den USA und sogar vom Bundespresseamt. (Lesen Sie hier: Hungaristische Bewegung - Nach Manier von Joseph Goebbels)

Zwar waren diese offiziösen Fäden längst gerissen, Regierungssprecher und Abgeordnete aller Fraktionen hatten oft Stellung genommen gegen das Pamphlet, doch immer wieder fanden die Sirenentöne aus Pasing Widerhall, Zustimmung, ja Bekräftigung auch bei verantwortlichen Politikern. Zu den Autoren gehörten Publizisten, die schon dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda des Joseph Goebbels zugeliefert hatten.

Adolf Arndt warnte vor der "Sprache der Mörder von morgen" 

Nachdem 37 Persönlichkeiten – meist Professoren, Theologen und Künstler – Schritte gegen den "Missbrauch der Meinungsfreiheit" in der DNZ gefordert hatten, sammelte Frey Sympathie-Unterschriften von 103 Zeitgenossen. Für die Meinungsfreiheit des rechtsextremen Wochenblatts setzten sich also ein: 28 teils namhafte Rechtsanwälte, mehrere Professoren, 15 pensionierte Generäle, mehr oder weniger bekannte Künstler sowie ein CSU-Studentenfunktionär. (Lesen Sie hier: Die Nachkriegsjahre - 350 Altnazis im Hackerkeller)

Als der SPD-Abgeordnete Adolf Arndt warnte, Freys Organ spreche "die Sprache der potenziellen Mörder von morgen", beteuerte der CDU-Bundestagsabgeordnete Jakob Diel in einem Leserbrief an die DNZ seine "Verbundenheit" und "Identifizierung". Auch ein FDP-Landesvorsitzender bekannte sich zur "Moral" der Münchner Nationalisten. Später wurde bekannt, dass auch die CSU-Minister Alfred Seidl (Innen) und Theodor Maunz (Justiz) eng mit Frey verbunden waren.

Juristisch war dem reichen Verleger schwer beizukommen. Der Versuch des Bundesinnenministers Ernst Benda (CDU), ihm Missbrauch der Pressefreiheit anzulasten, scheiterte am Bundesverfassungsgericht. Die Hetz- und Hasstiraden blieben 16 Jahre ohne rechtliche Folgen.

Erst 1967 begann die Staatsanwaltschaft München mit Ermittlungen wegen Verdachts der Völkerhetze. Die Abbildung Hitlers brachte das Fass zum Überlaufen – offenbar war der Staatsschutz sensibel geworden. Inzwischen war ja auch die aus Niedersachsen angerückte Nationaldemokratische Partei (NPD), deren Landesverband 1960 gegründet worden war, in bürgerliche Wählerschichten eingedrungen.

1966 marschierten 15 NPD-Abgeordnete erstmals im Maximilianeum ein. Auch Frey gehörte zeitweilig der NPD an, überwarf sich aber bald mit ihr. Anfang der 70er kreierte er die rechtsextreme Deutsche Volksunion (DVU) und den "Freiheitlichen Buch- und Zeitschriftenverlag", der hauptsächlich NS-Devotionalien produzierte.

Mit dem wiederum konkurrierte der Starnberger Drüffel-Verlag des ehemals stellvertretenden Reichspressechefs Helmut Sündermann, der die Glorifizierung von Nazi-Größen und "Richtigstellungen" betrieb – Volksaufklärung und Propaganda in Neuauflage.

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