Geräuschsammlung im Netz: So klingt München
München - Die Schiffe am Hamburger Hafen, das U-Bahn-Tuten in Berlin, das Glockenspiel am Münchner Rathaus. Jede Stadt klingt anders. Bei Projekt „Stadtklang“ des Bildungsministeriums können Bürger Stadtgeräusche aufzeichnen und im Internet auf einer Klangkarte hochladen.
„Wir wollen einen unterhaltsamen Einstieg in das Thema schaffen“, sagt die Ministeriumssprecherin Nina von Sartori. Geräusche sind wichtig für die Lebensqualität, nur Stille ist fad, Lärm macht aber krank. Städte müssen akustisch geplant werden: „Dafür muss man rausfinden, welche Geräusche als angenehm und unangenehm empfunden werden.“
Daher die Klangkarte, die in kleine Quadrate unterteilt ist. Jedes Viereck kann mit einer Tonaufnahme belegt werden. Gedacht ist das Projekt für Smartphones. Man nimmt einen Ton auf, sucht auf der Karte seinen Standort und lädt den Ton hoch. Am besten 15 Sekunden. „Da hört man gut, worum es geht und es ist nicht zu lang“, sagt von Sartori.
Berlin und das Ruhrgebiet sind dabei sehr aktiv. München ist auf der Klangkarte noch recht leer. Das will ich ändern. Mehrere Themen sollen auf der Karte auftauchen: Stadtleben, Lieblingsklänge oder Tiere in der Stadt. Vögel etwa singen hier lauter als im Umland.
Ich schwinge mich auf mein Rad und suche die Gänse im Olympiapark. Sie tapsen herum und schnattern, der Verkehrslärm von der Lerchenauer Straße dringt nur schwach herüber. Ich nehme 15 Sekunden auf, wähle ein Quadrat und klicke auf „Senden“, um den Ton hochzuladen. Dann warte ich, eine Minute, drei, fünf, nach zehn Minuten breche ich ab. Ohne Wifi scheint es nicht gut zu funktionieren.
Ich radle weiter. Münchenklänge, das sind für mich auch das Klingeln der Trambahnen oder die Blaskapellen im Biergarten. Das Glockenspiel im Rathaus nicht so sehr, wann kommt man da als Münchner schon zur rechten Zeit vorbei? Typischer klingt für mich das blecherne Scheppern des Klangspiels am Alten Rathaus. Also: Smartphone raus, aufzeichnen und senden. Dank städtischem Gratis-W-Lan am Marienplatz geht das sogar problemfrei.
Bei meiner Tour stelle ich fest: Richtig leise ist München selten. Selbst an der Isar rauscht es gewaltig. Nur stört das nicht. Anders als Verkehrslärm wirkt das Plätschern sogar entspannend. Genauso im Englischen Garten: Im Eisbach sprudelt es, die Surfer werden bejubelt. Was für ein typischer Münchenklang. Ich nehm’s auf.
Am Stachus könnte man den Brunnen vor lauter Verkehrstosen hingegen fast überhören, am Hauptbahnhof mischen sich verrauschte Lautsprecheransagen, Stimmengewirr und das Brummen der Rollkoffer.
Eine Station hab ich noch, ich radle hoch auf die Schwanthalerhöhe. Von hier kann ich die Wiesn gut überblicken, das Gewusel ist aber angenehm weit weg. Aus den Zelten dringt leise Blasmusik, „ein Prosit“, dazu verliert sich die treibende Musik der Fahrgeschäfte im Wind. Scho schee.
Was das Bildungsministerium mit meinen hochgeladenen Tönen anfangen wird, steht noch nicht fest. „Es gibt Interesse von wissenschaftlicher Seite, die Karte auszuwerten“, sagt von Sartori. Klingt gut.
Die Aktion geht bis Ende September.