Geißler soll es jetzt auch in München richten
MÜNCHEN Eine große Tafelrunde einberufen, mit viel Reden allen Protest ersticken und die Ohnmächtigen mit ihrer Niederlage versöhnen: Nach „Stuttgart 21” soll Heiner Geißler jetzt auch in München schlichten. Als Lehrstunde im bayerischen Landtag. Damit man dort schon mal studieren kann, wie Wutbürger zu beruhigen sind, wenn’s in München um die zweite Stammstrecke und die dritte Startbahn geht.
Ein alter Fuchs und großes Schlitzohr soll’s also richten. Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat den CDU-Mann für 7. Juni ins Maximilianeum geladen. Mit seiner Schlichtung im total verfahren Streit um den Bahnhof in Stuttgart war der 80-Jährige zum Polit-Popstar aufgestiegen. Seine Gesprächsrunden wurden live im TV übertragen. Mit geschickter Mediation brachte der begeisterte Extremkletterer und ehemalige Jesuit die Kontrahenten zum sachlichen Meinungsaustausch.
„Wir haben in Bayern auch noch einige Großprojekte vor”, sagt Gastgeberin Barbara Stamm. „Da schadet es uns ja nicht, wenn wir von Heiner Geißler ein bisschen lernen.” Vor allem beim Streit um den Problem-Tunnel und die dritte Startbahn im Erdinger Moos könnte sich was zusammenbrauen. In Haidhausen, das 40 Meter unter der Erde von der zweiten S-Bahnröhre durchbohrt werden soll, hat sich der Widerstand der Bürger gegen das zwei Milliarden teure Projekt formiert. „Zu teuer und ein ganz falsches Konzept”, kritisiert die dortige Bürgerinitiative und fürchtet in ihrem Viertel über Jahre massiven Lärm und Dreck.
Tausende von Demonstranten brachten die Gegner der dritten Startbahn am Flughafen schon auf die Straße. Das Aktionsbündnis „AufgeMUCt” hat sich „Stuttgart 21” zum Vorbild genommen. Darüber kann Heiner Geißler den bayerischen Abgeordneten sicher einiges beibringen.
Streiterfahrung hat er ja wie kaum ein anderer. Galt Geißler als CDU-Generalsekretär noch als „der schlimmste Hetzer”, lobt ihn die „FAZ” jetzt als „alterskluge wie altersradikale Vaterfigur”, die ein Gespür für die Gedankenwelt des skeptischen Normalbürgers und Glaubwürdigkeit bei Demonstranten habe. Geißler ist auch Mitglied der globalisierungskritischen Organisation Attac - und hat gern das letzte Wort. Das allerdings dürfte bei der CSU nicht so gut ankommen.
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