"Geht's Schwulen und Lesben gut, geht es allen gut"

Heute ist der Tag der Anti-Homophobie. Hier erzählt eine Trainerin, warum das jeden betrifft
AZ: Heute ist der „International Day against Homophobia”. Woran merkt man, ob man homophob ist?
STEPHANIE GERLACH: Homophobie ist nicht wie Masern, wo man rote Punkte kriegt und denkt: Jetzt geh ich mal besser zum Arzt. Aber ich glaube, wir können uns auf eins einigen: Wir sind alle homophob. Die ganze Gesellschaft. Andernfalls wäre es im positiven Sinne nicht bemerkenswert, ob jemand schwul oder lesbisch ist. Dass es immer noch einen Unterschied zwischen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und einer Ehe gibt, hat auch keinen Grund – außer Homophobie.
Wie homophob ist München?
Die Situation ist prima. Die Stadtregierung arbeitet intensiv am Abbau der Diskriminierung. Wenn es überall ein so dichtes Netz an Einrichtungen und Beratungsstellen gäbe wie hier, wäre das toll.
Im Glockenbachviertel scheint das Klima aber gerade nicht so toll, oder?
Ja, das bereitet uns auch große Sorgen. Es gibt vermehrt Berichte von verbalen und tatsächlichen Übergriffen auf Schwule und Lesben. Das Viertel hat sich verändert. Es sind Menschen zugezogen mit viel Geld, eine Entsolidarisierung ist zu beobachten.
Sie arbeiten als Anti-Homophobie-Trainerin – wie sieht so ein Training aus?
Ich biete Kurse für Führungspersonen in der kommunalen Stadtverwaltung an. Da geht es um ganz konkrete Dinge: Wie formuliere ich eine Einladung zur Weihnachtsfeier so, dass auch Schwule und Lesben ihren Partner mitbringen können? Wie sorge ich dafür, dass ein Klima entsteht, in dem sie zum Beispiel auch Fotos ihrer Liebsten auf den Schreibtisch stellen können. Es ist doch so: Wenn heute jemand sagt, er ist schwul, hat man immer noch den Eindruck, er gibt etwas Intimes von sich preis. Dabei ist das nichts anderes, als wenn zum Beispiel ein heterosexueller Mensch erzählt, dass er verheiratet ist.
Wer wird denn von Ihnen geschult? Abteilungsleiter, bei denen jemand den Eindruck hat, dass sie das Training dringend brauchen?
Zu meinem Leidwesen ist die Teilnahme an meinen Kursen freiwillig. Ich würde es sehr begrüßen, wenn das verpflichtend wäre. Manchmal hilft nur ein bisschen Druck. Es gibt immer noch Menschen, die bei der Stadt arbeiten und sich nicht geoutet haben, weil sie befürchten, dass ihnen das Nachteile bei ihrer Karriere bringt. Das ist schade. Grundsätzlich gilt: Wenn es Schwulen und Lesben gut geht, geht es allen gut – denn das bedeutet, dass auch alle anderen Minderheiten in einem Klima der Gleichberechtigung und Offenheit leben können.