Geheimsache Schnurbaum

Die wertvollen Exemplare, die einst auf dem Marienhof wuchsen, lagern in einer Baumschule. Zutritt? Verboten!
Rudolf Huber |
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Der Marienhof: Ein Dorado für Archäologen, leider keins für Rastsuchende.
Mike Schmalz Der Marienhof: Ein Dorado für Archäologen, leider keins für Rastsuchende.

MÜNCHEN - Für Architekt Stephan Braunfels waren es „die schönsten Bäume der Welt”. Und die Ausgrabe-Aktion für die 38 chinesischen Schnurbäume am Marienhof „eine Katastrophe für die Münchner Bürger”. Letzten Sommer war das, seither ist der Marienhof ein Trümmerfeld, der hässlichste Platz Münchens. Und der Auslöser der Zerstörungsaktion, der Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke, liegt in weiter Ferne.

So weit, so schlecht. Aber was ist eigentlich mit den Bäumen? Eine Spezialfirma hatte die von Braunfels gepflanzten Schmuckstücke mit einem Spezialbaumausgrabe-Fahrzeug aus dem Erdreich gehoben. Mit extra großen Pflanzballen, aber massiv beschnitten.

In der städtischen Baumschule in Allach wurden die Bäume wieder eingepflanzt, um dort „fachgerecht versorgt und entwickelt” zu werden, teilte ein Sprecher der für die Umsetzung verantwortlichen Deutschen Bahn im vergangenen Sommer mit.

Jetzt haben die Schnurbäume einen langen, harten Winter hinter sich. Deshalb erkundigte sich die AZ beim Baureferat nach ihrem Befinden. „Sie haben nach unserer momentanen Beurteilung den Umzug gut überstanden”, sagt Sprecherin Cornelia Unterhuber. „Nach Begutachtung der Bäume Mitte Februar sind sie in einem ordentlichen Zustand.”

Zum Beweis wurde ein altes Foto „aus den Sommer-/Herbstmonaten 2011” angeboten. Die AZ blieb hartnäckig: Könnte man nicht doch einen Blick auf die Umzügler werfen? Das Nein aus dem Baureferat war deutlich: „Die Besichtigung der Bäume ist leider nicht möglich, da sich diese auf einem teils nicht verkehrsgesicherten Betriebsgelände befinden, das nicht öffentlich zugänglich ist. Darüber hinaus verkehren in diesem Bereich Betriebsfahrzeuge.”

Der Verkehr in so einer Baumschule ist offenbar sehr gefährlich. Eine Erfahrung, die auch schon Wolfgang Püschel vom Bezirksausschuss Altstadt hatte machen müssen. Auch seine Bitte, die ehemaligen Marienhof-Bewohner besuchen zu dürfen, wurde zurückgewiesen.

Nächster Versuch: Die AZ bat um Prüfung der Frage, ob nicht das Baureferat selbst ein aktuelles Foto der umgesiedelten Bäume machen könnte, vielleicht mit einer aktuellen Abendzeitungs-Ausgabe als Beleg für die Authentizität des Bilddokuments.

Aber auch das klappte nicht. Begründung: Man habe sich die Bäume noch einmal angeschaut. Und festgestellt, dass sie eigentlich noch genauso aussähen wie auf dem Foto – nur eben jahreszeitlich bedingt ohne Blätter. Und deswegen eigens „ein Bild in die Welt schicken” – das wolle man auch nicht.

Was letztlich mit den bestens abgeschirmten Schnurbäumen passiert, ist noch offen. „Nach einer gewissen Erholungsphase – wir schätzen etwa fünf bis sechs Jahre – können sie an geeigneter Stelle wieder verpflanzt werden und kurzfristig als Großbäume entsprechende Raumwirkung erzielen”, so das Baureferat. Marienhof-Architekt Stephan Braunfels ist sich dagegen sicher: „Die Schnurbäume sind hin!”

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