Gefängnis light im Bezirkskrankenhaus

Gefährliche Straftäter sollen in Bayern in psychiatrischen Kliniken weggesperrt werden.
von  Angela Böhm
Das Straubinger Bezirkskrankenhaus: Hier soll die erste neue Wohneinheit zur Sicherungsverwahrung entstehen.
Das Straubinger Bezirkskrankenhaus: Hier soll die erste neue Wohneinheit zur Sicherungsverwahrung entstehen. © Weigel

MÜNCHEN/STRAUBING Eine nette kleine Wohnung mit eigenem Schlüssel hinter großen dicken Mauern, gesichert von Stacheldrahtzäunen und Bewegungsmeldern: So will Bayern Gewaltverbrecher nach Ablauf ihrer Haft in Sicherungsverwahrung nehmen.

Eingerichtet werden sollen die „Gefängnisse light”, in denen die gefährlichen Straftäter auch ihren Hobbys nachgehen können, in Bezirkskrankenhäusern. Die Pläne, die Justizministerin Beate Merk gestern dem Landtag präsentierte, sorgen für einen handfesten Krach: In einer gemeinsamen Resolution lehnen die Bezirke den Einzug der rückfallgefährdeten Verbrecher in ihre Krankenhäuser ab.

„Die sind bei uns falsch”, sagt Susanne Büllesbach, Sprecherin des Bezirks Oberbayern. Die gefährlichen Straftäter seien zwar psychisch gestört, aber nicht psychisch krank. Deswegen wären sie auch für ihre Tat verantwortlich gewesen und mussten ihre Strafe im Gefängnis absitzen – nicht in der Psychiatrie.

Den Ruf der geschlossenen Anstalten für psychisch Kranke in der Bevölkerung versuchen die Bezirke seit Jahren zu verbessern. „Wir kämpfen für eine Entstigmatisierung”, so Büllesbach, „da tut es nicht gut, wenn man Straftäter jetzt mit Kranken in einen Topf werfen will.”


Die Umsiedlung der gefährlichen Verbrecher wird nötig, weil der Europäische Gerichtshof die unbegrenzte Sicherungsverwahrung
in den deutschen Gefängnissen als Verstoß gegen die Menschenwürde gekippt hat. Sie dürfen nach Verbüßung ihrer Haftstrafe nur noch weggesperrt werden, wenn sich die Einrichtung deutlich von einem Knast unterscheidet.
Den Anfang machen will Justizministerin
Merk mit dem Bezirkskrankenhaus in Straubing. Das gilt bereits als „Hochsicherheitstrakt” und liegt nur einen Steinwurf von der Justizvollzugsanstalt entfernt. „Dort sitzen”, so Merk, „eh die meisten der Sicherheitsverwahrten ein.”

Aktuell gibt es in Bayern derzeit 34 potenzielle Straftäter, die sonst freigelassen werden müssten. Heuer könnten maximal weitere drei, im Jahr 2012 weitere sieben Fälle dazu kommen. Bis zum Jahr 2032 rechnet das Justizministerium mit maximal 70 bis 80 solcher Fälle. Allerdings dürfte es nach der neuen Rechtsprechung für Bayern schwer werden, alle wegzusperren. Beim Bundesverfassungsgericht werden derzeit die Beschwerden von vier Männern, die in Sicherheitsverwahrung sitzen, verhandelt. Einer von ihnen kommt aus Bayern. Merk: „Das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung muss mehr Gewicht haben als das Freiheitsinteresse rückfallgefährdeter Gewalt- oder Sexualtäter.”

In Straubing will der Freistaat nun „Basiseinheiten” mit zwölf Plätzen einrichten. Dazu Therapiebereiche, Arbeitsplätze und ein Sport- und Erholungszentrum. Die Sicherungsverwahrten sollen dort ein möglichst normales Leben führen. Nur raus dürfen sie nicht. „Die Bezirkskrankenhäuser sind dafür am besten geeignet”, erklärte Merk im Landtag. „Sie haben das Fachpersonal und Erfahrung im Umgang mit höchstgefährlichen Personen.” 

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