Gefälschte Impfpässe auf Telegram: Staatsanwaltschaft erwartet Anzeigen-Flut

München - Im Moment herrscht noch die Ruhe vor dem Sturm. Doch mit weitergehenden Erleichterungen für geimpfte Menschen rechnen die Ermittler der Staatsanwaltschaft München I mit einer Flut von Anzeigen wegen gefälschter Corona-Impfnachweise, der derzeit "heißesten Fälscherware".
Dabei kommt den Fälschern der Umstand entgegen, dass die gelben Impfbücher leicht zu erwerben sind. Bislang war es nicht nötig, besondere Fälschungssicherungen bei Impfpässen vorzusehen, da ihre Fälschung praktisch nicht vorkam. Noch seien in dem Zusammenhang zwar keine Verfahren eingegangen, erklärte die stellvertretende Pressesprecherin Juliane Grotz bei der virtuellen Presserunde der Staatsanwaltschaft am Donnerstag. "Es ist aber zu erwarten, dass sich dies mit der Einführung von mehr und mehr Lockerungen für vollständig Geimpfte sehr schnell ändern wird."
Auf Internetplattformen wie Telegramm sei ein gefälschter Impfpass mit ebenso falschem Nachweis einer Corona-Impfung bereits jetzt für Preise zwischen 100 und 120 Euro zu haben. "Bei Großbestellungen wird Mengenrabatt gewährt", so die Sprecherin.
Gefälschte Impfpässe auf Telegram angeboten
Ein Twitter-User hatte die Münchner Polizei bereits vor über einer Woche auf eine solche Gruppe hingewiesen, in der ganz offen mit gefälschten Impfpässen samt "Anleitung" gehandelt wird. Ein Pass wird dort für 50 Euro angeboten, wer zwei nimmt, bekommt 20 Euro Rabatt. Gezahlt werden kann aber auch mit der Kryptowährung Bitcoin.
Die Social-Media-Beauftragten schreiben: "Vielen Dank für die Info. Wir werden das überprüfen". Ob die Anbieter ermittelt werden können, ist unklar. Telegram ist als Netzwerk bekannt, das User-Daten nicht herausgibt; zudem sind die Daten oft verschlüsselt. Daher tummeln sich in dem Messenger auch viele Corona-Leugner und Verschwörungsideologen.
Die Staatsanwaltschaft warnt davor, Fotos des Impfpasses nach einer Impfung in den sozialen Medien zu präsentieren. Das macht den Betrügern die Arbeit noch leichter. Juliane Grotz: "Die Chargennummern, mit denen der Eintrag der Corona-Impfung versehen sein muss, entnehmen die Fälscher den unzähligen Bildern in den sozialen Netzwerken, die frisch geimpfte Personen von ihren Impfpässen posten."
Falsche Atteste: Ermittlungen gegen Münchner Arzt
Bislang beschäftigten vor allem falsche Atteste, die von der Maskenpflicht befreien sollen, die Behörden. Seit Beginn der Pandemie gingen allein bei der Staatsanwaltschaft München I 140 Anzeigen deswegen ein. Dabei hätten sich Hinweise auf 50 Ärzte ergeben, die möglicherweise ein solch falsches Attest ausgestellt oder schlicht zum Runterladen auf ihre Homepage gestellt hätten. Gegen einen Arzt aus München läuft derzeit "ein umfangreiches Verfahren". Seine Praxis sei durchsucht, zahlreiche Beweismittel sichergestellt worden.