Die skurrilen Ausreden der Autofahrer, wenn sie bei einem Delikt erwischt werden. Wo für die Behörden der Spaß aufhört...
MÜNCHEN Bei Rot über die Ampel, überhöhte Geschwindigkeit, Handy während der Fahrt, alkoholisiert am Steuer – das ist Alltag im Münchner Verkehrsgericht und wird geahndet. 3476 Strafverfahren lagen bei den 15Richtern letztes Jahr auf den Tischen.
Ein leichter Anstieg von 0,83 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Gerade bei Verkehrsdelikten wird sehr gekämpft. Mit allen Möglichkeiten versucht man, von der Strafe weg zu kommen“, sagt Amtsgerichts-Präsident Gerhard Zierl. Das führt zu teilweise lustigen Ausreden. Eine Auswahl.
Bei Rot über die Ampel: „Die Straße ist durch den Schnee so rutschig gewesen, wenn ich gebremst hätte, wäre mein Wagen ins Schleudern gekommen und ich hätte vielleicht einen Unfall verursacht“, schwor Kaufmann Rolf B. (45). Glatteis ist eine Ausrede. Der Autofahrer muss seine Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen anpassen. Urteil: Bei einer eingeschalteten Rotlichtdauer von über einer Sekunde sind 200Euro fällig und ein Monat Fahrverbot.
Überhöhte Geschwindigkeit: Mediziner Heinz S. (53) wird in einer Tempo-50-Zone mit 74 Sachen an der Aidenbachstraße in Sendling geblitzt. Seine Ausrede: „Mein Dackel saß auf dem Beifahrersitz. Plötzlich ist er in meinem Fußraum aufs Gaspedal gesprungen.“ Ein Scherz, meinte der Richter. Urteil: 160 Euro, drei Punkte in Flensburg, ein Monat Fahrverbot.
Handy während der Fahrt: Bruno C. (28) greift auf der Fahrt zur Arbeit zum Handy, hält es in der Rechten und plaudert mit seiner Freundin. Eine Streife sieht es. Anzeige. Vor Gericht sagt Bruno C.: „Ich hatte noch vom Duschen Wasser im rechten Ohr. Deshalb hatte ich die Rechte am Ohr.“ Und wieso spricht er dabei? „Ich habe bei dem Lied aus dem Radio mitgesungen.“ Die Aussagen der beiden Beamten überführen ihn. Urteil: 40Euro und ein Punkt in Flensburg.
Alkoholisiert am Steuer: Die auffällige Fahrweise von Johanna G. (35), veranlasst eine Zivilstreife sie zu stoppen. 0,5 Promille ergab die Alkoholprobe. Da sie auf den Führerschein beruflich angewiesen ist, zieht sie vor das Amtsgericht. Es sei nicht der Feierabend-Sekt gewesen, sonder der Kefir: „Der Milchpilz setzt bei der Gärung Alkohol frei.“ Der Richter schmunzelt zwar, macht Johanna G. aber klar, dass sie gar nicht so viel Kefir essen kann, um davon betrunken zu werden. Urteil: 500 Euro Bußgeld und einen Monat Fahrverbot.
Gerade bei Alkohol hört für Zierl der Spaß auf: „Da verfolgt das Gericht eine strenge Linie.“ Wie teuer eine Fahrt mit über 0,5 Promille werden kann, zeigt Zierl an einem Beispiel: „Wenn jemand mit einem Nettoeinkommen von 1200 Euro zu 60 Tagessätzen verurteilt wird, so muss er 2400 Euro und die Verfahrenskosten zahlen. Das sind viele Taxifahrten.“