GBW-Wohnungen in München: Mieter klagen gegen Mieterhöhungen
München - Das Gerichtsgebäude ist inzwischen so etwas wie ihr zweites Zuhause geworden - und dabei im Grunde sicherer als ihr eigentliches Zuhause: Seit Jahren versuchen Mieter und Mieterinnen aus einer Wohnanlage im Neubaugebiet am Ackermannbogen mit juristischen Mitteln, ihre Existenz zu verteidigen.
Seit 2013 kämpft die Mietergemeinschaft der Adams-Lehmann-Straße 83 bis 95 schon. Einige sind inzwischen verschwunden - aus dem Viertel und auch dem Kampf. Er raubt viel Kraft und Zeit und Geld.
Und vor allem um Geld geht es in dieser Angelegenheit: In der Wohnanlage gibt es 104 sogenannte EOF-Wohnungen der Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsgesellschaft (GBW) - Wohnungen mit einkommensorientierter Förderung. Außerdem solche, die an einkommensschwache Menschen mit Berechtigungsschein vergeben werden.
Die GBW - gegründet als Baugenossenschaft - gehört seit 2013 nicht mehr dem Freistaat Bayern, sondern einem Konsortium um den Immobilienkonzern Patrizia, der in Augsburg ansässig ist aber international agiert. Der Verkauf ist umstritten (siehe unten), ein Ausschuss untersucht ihn.
Die Wohnungen, um die es in der Adams-Lehmann-Straße geht, sind da noch einmal ein Sonderfall: Die GBW hat vor knapp 15 Jahren das Grundstück gekauft und ist dort dann selbst als Bauherrin aufgetreten. Dafür wurde ihr ein öffentlich-rechtliches Baudarlehen gewährt - also eine staatliche Förderung. Die Höhe des Darlehens wurde in einer Stadtratsitzung einmal auf neun Millionen beziffert.
"Die Stadt und der Freistaat haben ihre Pflicht verletzt"
Die GBW erhöht nun die Mieten auch dieser geförderten Wohnungen immer wieder um das mögliche Maximum von 15 Prozent alle drei Jahre - mit Blick auf den Mietspiegel für frei finanzierte Wohnungen.
Dass das nicht zulässig ist, davon geht Anwalt Michael Löffler aus, der zwei der Mietparteien aus der Adams-Lehmann-Straße vor Gericht vertritt. Sie sind in Berufung vors Landgericht gezogen, um in einem Musterprozess endgültig zu klären, was die GBW mit den Mieten städtisch geförderter Wohnungen tun darf - und was nicht.
Der Mietspiegel, erörtert Löffler, sei nur dann Argument für eine Erhöhung, wenn die betreffende Wohnung theoretisch in die Erhebung für den Mietspiegel hätte kommen können - und alle sozial geförderten Wohnungsbauten sind von diesen Stichproben ausgenommen.
In neueren Förderbescheiden für EOF-Wohnungen steht außerdem, dass die Erstvermietung zu einem gedeckelten Preis erfolgt und sich die weiteren Mieten nach dem Verbraucherpreisindex des Landes richten - nicht dem Mietspiegel. Die Stadt, sagt Löffler, habe ihm bestätigt, dass das jetzt immer so sei. In den alten Bescheiden stehe die Klausel aber nicht. "Die Stadt und der Freistaat haben ihre Pflicht verletzt", schließt der Anwalt daraus. Beim Verkauf an die Patrizia hätte man Begrenzungen für zukünftige Mieterhöhungsmöglichkeiten festlegen müssen.
Die Amtsgerichte, vor die einige Mieter der Adams-Lehmann-Straße 2017 gegen die Mieterhöhungen zogen, waren sich in der Bewertung uneins: Manche Mieter gewannen den Prozess gegen die GBW, andere nicht - je nach Richter oder Richterin. Nicht alle, die verloren, konnten sich eine Berufung leisten. Manche gewannen - und die GBW ging in Berufung.
So war es bei Eva Rojas Peralta: Ihr Termin am Landgericht steht am 13. Juni an. "Ich hoffe das Beste", sagt sie, "aber leicht ist das nicht." Besonders hart getroffen seien Mieterinnen und Mieter wie sie: die arbeiten, aber so wenig verdienen, dass sie Zuschüsse für die Miete bekommen - die sich am Einkommen bemessen. "Der Zuschuss sinkt, wenn wir mehr arbeiten. Aber er steigt nicht, wenn die Miete steigt. Das ist doch nicht fair."
Auch, dass Mieter, die nach 2015 eingezogen sind, eine Deckelung im Bescheid stehen haben, findet Peralta ungerecht: "Wir sind schlechtergestellt, weil wir Pech gehabt haben. Das kann doch nicht sein."
Ein Richter verhängt zwei verschiedene Urteile zum selben Thema
Vertreten wird sie von CSU-Stadträtin und Anwältin Evelyne Menges, ebenso 13 weitere Mietparteien. "Es ist unbefriedigend", sagt Menges, "wir reden da von einem Bauvorhaben aus 2004. Damals hatte man noch günstige Grundstücke und Wohnungen auf dem Markt und hat vielleicht einfach nicht dran gedacht, dass die Mieten so explodieren und man eine Deckelung bräuchte. Heute würde die Stadt das nicht mehr so machen."
Ihr stößt vor allem auf, dass die zuständige Berufungskammer 2012 im Urteil zu einem GBW-Prozess ausführlich begründet hat, warum der Mietspiegel nicht für EOF-Wohnungen bemüht werden darf - und seine eigene Rechtsmeinung nun offenbar widerlegen will. "Das ist für den normalen Menschenverstand und auch den juristischen Sachverstand schwer nachzuvollziehen und verwunderlich", sagt Menges. Sie würde unter anderem deshalb auch noch vor den Bundesgerichtshof ziehen.
Anwalt Michael Löffler geht es in seinem Musterprozess vor allem um die Fragen: "Ist der Mietspiegel auch auf EOF-Wohnungen anwendbar? Und wenn ja: Sind die geforderten Erhöhungen auch materiell rechtmäßig, darf die GBW also so viel verlangen, wie sie verlangt?" Schließlich gebe es seit 2015 eine Vereinbarung mit der Stadt. "Wir halten uns deshalb Schadenersatzansprüche gegenüber Stadt und Freistaat offen im Fall, dass wir vor dem Landgericht scheitern."
Das Urteil wird am 16. Mai verkündet.
Ausschuss bis zur Landtagswahl im Oktober: Umstrittener GWB-Verkauf wird untersucht
Der Landtag hat Ende April einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Verkauf der Wohnungsgesellschaft GBW im Jahr 2013 eingesetzt.
Das Kontrollgremium wird in den verbliebenen acht Sitzungswochen bis zur Wahl im Oktober die Hintergründe des Verkaufs der einstigen BayernLB-Tochter GBW mit ihren rund 33.000 Wohnungen in Bayern untersuchen.
Zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob die BayernLB die GBW tatsächlich wie vom damaligen Finanzminister Markus Söder erklärt auf Druck der EU-Kommission verkaufen musste.
Das Thema kam wieder auf, als es Medienberichte über angeblich neue Ungereimtheiten gab. Mittlerweile gelten die zentralen neuen Vorwürfe als widerlegt.