Gauner immer dreister: 13-Jähriger als falscher Polizist eingesetzt
München - Die Münchner Polizei hat heuer bereits 60 falsche Beamte festgenommen - vier Mal so viele wie 2020. Meist waren es Abholer, aber auch einige Logistiker und Kuriere der gut organisierten Bande. Trotzdem geht das miese Geschäft der falschen Polizisten weiter, bei dem manche Opfer ihre kompletten Ersparnisse verlieren.
Die Fahnder haben jetzt sogar einen 13-Jährigen festgenommen. Er wurde erwischt, als er am 6. Dezember bei einer Rentnerin aus Untersendling Geld abholte. Die Frau war auf falsche Polizisten hereingefallen und hatte mehrere Tausend Euro in einer Tüte vor ihre Haustür gelegt.
Jugendliche unter 14 Jahren gelten im deutschen Rechtssystem als nicht strafmündig. Das wissen auch die Bandenbosse und setzen verstärkt Jugendliche als Geldabholer ein. Der festgenommene 13-Jährige wurde in eine geschlossene Jugendeinrichtung gebracht, aus der er nicht entwischen kann. "Wir haben erhebliche Zweifel daran, dass der Jugendliche tatsächlich erst 13 Jahre alt ist", sagt Hans-Peter Chloupek, Leiter der ermittelnden Arbeitsgruppe Phänomene. Der Jugendliche wird medizinisch begutachtet, seine Papiere werden genau überprüft.
"Die Banden ändern ständig ihre Methoden und passen ihre Vorgehensweisen entsprechend an"
Und noch ein Punkt sticht im Fall der betrogenen Rentnerin aus Untersendling hervor. Der Mann, der sie am Nikolaustag anrief, gab sich als Bankkaufmann aus, eine neue und erweiterte Spielart beim Vorgehen der falschen Polizisten.
Der Anrufer behauptete, vom Konto der Münchnerin seien betrügerische Abbuchungen über 4.000 Euro erfolgt. Er machte der Frau Angst, dass noch mehr Geld verschwinden könne.
Zudem gab er der Rentnerin eine Telefonnummer, bei der sie sich umgehend melden solle - angeblich von Polizei und Staatsanwaltschaft, tatsächlich waren es Komplizen des Betrügers. Die brachten die Frau dazu, Geld auf ein fremdes Konto zu überweisen.
Insgesamt waren es mehrere Tausend Euro, die die echte Polizei zum Glück wieder beschaffen konnte. "Die Banden ändern ständig ihre Methoden und passen ihre Vorgehensweisen entsprechend an", sagt Hans-Peter Chloupek.
Polizei nimmt 13-Jährigen fest
Die Polizei nahm außer dem 13-Jährigen in diesem Fall noch zwei weitere Tatverdächtige fest. Sie sitzen in U-Haft. "Darunter befanden sich Abholer, sogenannte Logistiker, aber auch Kuriere, die das Geld ins Ausland schmuggeln, so die Bilanz der AG Phänomene. 80 vollendete Taten wurden in diesem Jahr in München registriert. Der Sachschaden dürfte wie in 2020 in die Millionen gehen.
Die Mehrheit der in München erwischten falschen Polizisten wurde, wie die Ermittlungen inzwischen ergaben, hauptsächlich über zwei Callcenter in zwei Städten in der Türkei gesteuert. "Sie arbeiten unter einheitlicher Führung", vermutet Chef-Ermittler Hans-Peter Chloupek. Offenbar sind alle Teil einer straff organisierten, größeren Bande. Die Ermittlungen laufen weiter, Ziel sind die Hintermänner und Köpfe der Organisation.
Mit Hilfe eines über 80 Jahre alten Rentners aus Neuperlach ist es den Fahndern gelungen, ein weiteres Bandenmitglied zu fassen. Der Senior bekam am 7. Dezember einen Anruf, den er sofort durchschaute und parallel zum laufenden Telefongespräch die echte Polizei verständigte.
Zum Schein ging der Münchner darauf ein, Geld und Schmuck bereitzulegen und einem Abholer zu übergeben. Als ein 33-Jähriger aus dem Landkreis Erding erschien, um die Beute abzuholen, wurde er bereits von Zivilfahndern erwartet. Der Verdächtige sitzt inzwischen auch in U-Haft.