Gauck an der LMU: Weiße Rose gewürdigt
Bundespräsident Joachim Gauck hat am Mittwochabend in München den Widerstand der Gruppe „Weiße Rose“ gegen die Nazis gewürdigt und zum Engagement für die Demokratie aufgerufen.
München - Die Geschwister Scholl und ihre Mitstreiter „machten das Unrecht öffentlich – mit ihren bescheidenen Mitteln. Weil sie auch andere dazu bewegen wollten, hinzusehen und nicht mehr zu schweigen“, sagte Gauck laut Redemanuskript in der Ludwig-Maximilians-Universität. Dort waren Hans und Sophie Scholl am 18. Februar vor 70 Jahren bei einer Flugblattaktion entdeckt und von der Gestapo verhaftet worden.
Der Mut und die Tapferkeit der Widerstandskämpfer sei „Aufforderung an uns Heutige, mit unserer Kraft für das einzustehen, wofür sie damals ihr Leben gegeben haben: für Menschlichkeit und Anstand, für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Gauck in seiner Vorlesung zu Ehren der „Weißen Rose“ im Audimax der Universität. An die Studenten im Hörsaal appellierte er: „Es ist unsere Demokratie. Niemand schwebt über ihr, um sie zu beschützen. Wir selbst, Sie selbst müssen das tun. Mischen Sie sich in Ihre Angelegenheiten ein!“
Mehr als nur „gefällt mir“
Der Bundespräsident warnte davor, der Verführung zu erliegen, sich Politik „gewissermaßen servieren zu lassen“. Politisches Engagement verlange mehr als nur die Wahl zwischen „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“, so hilfreich und neu das Internet für die politische Meinungsbildung und Teilhabe sein möge, betonte Gauck. „Wer aber über 'die Politik' nur virtuell schimpft, aber sich im echten Leben nicht politisch einbringt, schimpft im Grunde auch auf sich selbst.“
Die Menschen könnten im stillen Kämmerlein klagen über die Dinge, die sie für falsch und verbesserungswürdig hielten – oder könnten sie da ansprechen, wo Veränderung möglich sei. „Ich kann beiseite stehen – oder handeln. Meine Wahl ist – verglichen mit damals - unendlich viel risikoloser“, sagte Gauck.
Geschwister Scholl vier Tage nach der Festnahme hingerichtet
Am 22. Februar 1943, vier Tage nach der Festnahme, waren die Geschwister Scholl gemeinsam mit ihrem Mitstreiter Christoph Probst vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und umgehend hingerichtet worden. Die „Weiße Rose“ war zuvor knapp ein Jahr lang aktiv gewesen. Die studentische Gruppe hatte Flugblätter verteilt, in denen sie zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus aufrief und ein Ende des Krieges forderte.
Vor seiner Rede hatte der Bundespräsident einen Kranz am „Weiße-Rose“-Denkmal vor dem Hauptgebäude der Universität niedergelegt. Die jährliche Gedächtnisvorlesung im Audimax erinnert an das Vermächtnis aller Widerstandkämpfer gegen die Nazi-Diktatur.