Gartenstädte: Damit die Stadt ein Dorf bleibt

Die Stadt prüft neue Planungsinstrumente, um den Charakter der Gartenstädte zu sichern. Deren Wirkung ist allerdings fraglich.
von  Florian Zick
Gestörte Ordnung: In den Münchner Gartenstädten herrscht bereits baulicher Wildwuchs - groß neben klein. Die Stadt will sich die Planungshoheit nun wieder sichern.
Gestörte Ordnung: In den Münchner Gartenstädten herrscht bereits baulicher Wildwuchs - groß neben klein. Die Stadt will sich die Planungshoheit nun wieder sichern.

München - An der Stadtgrenze zwischen Waldperlach und Neubiberg entzündete sich im Sommer vor vier Jahren ein Streit, der nicht gleich für jedermann zu verstehen war. Oberflächlich betrachtet ging es dabei lediglich um ein Grundstück, das – anders als die umliegenden Grundstücke – statt mit einem mit zwei Einfamilienhäusern bebaut werden sollte. Eine Lappalie, würde man denken. Doch dieser Bauantrag weckte in der Nachbarschaft die Angst um den grundlegenden Charakter ihres Viertels.

Worum es bei diesem Streit ging, versteht man, wenn man durch die sogenannten Gartenstädte spaziert, die grünen Straßenzüge in Harlaching, Trudering und Waldperlach. Früher sahen hier alle Anwesen mehr oder weniger gleich aus: viel Grün mit kleinen Häuschen in der Mitte. Doch diese Einheitlichkeit ist längst aufgeweicht. Immer wieder haben Bauträger vor Gericht größere Bauvorhaben durchgesetzt. Deshalb steht nun diese eine entscheidende Frage im Raum: Kann sich München in Zeiten steigender Wohnungsnot überhaupt noch so etwas wie Gartenstädte leisten?
 
Die drei Bürgermeisterkandidaten haben sich zu vor der Wahl zu diesem Thema relativ klar positioniert: Während Sabine Nallinger (Grüne) die Ansicht vertrat, bei der Suche nach neuem Wohnraum auch die Gärtenstädte nicht verschonen zu können, wollten Josef Schmid (CSU) und der neue OB Dieter Reiter (SPD) diese Siedlungen nach Möglichkeit vor Veränderung schützen. Was der Stadt dabei als Instrument zur Verfügung steht, sind Bebauungspläne, die klar vorgeben, was und wie viel auf einem Grundstück gebaut werden darf. Doch vor flächendeckenden Bebauungsplänen schreckt die Stadt aus Angst vor einer Klagewelle bauwilliger Immobilienbesitzer derzeit noch zurück.
 
Wo kein Bebauungsplan besteht, dort greift Paragraf 34 des Baugesetzbuches, eine Gummi-Regelung, die zwar festlegt, dass sich ein Neubau im Umfang an den Gebäuden im Umkreis orientieren muss, aber nicht genau festlegt, wie groß dieser Umkreis nun genau ist. So kommt es, dass sich zwischen die vielen kleinen Häuschen in den Gartenstädten auch immer wieder ein etwas protzigerer Bau schiebt.
 
Um sich wieder etwas mehr Planungshoheit zu verschaffen, will die Stadt nun ein neues Planungsinstrument ausprobieren, die sogenannten Rahmenpläne. Diese können ein größeres Gebiet umfassen als Bebauungspläne, haben allerdings den Nachteil, rechtlich nicht verbindlich zu sein.
Ob sich mit diesen Rahmenplänen überhaupt etwas ausrichten lässt, will die Stadt vor dem generellen Einsatz deshalb nun in zwei Testgebieten ausprobieren.
 
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