"Ganz konkrete Maßnahmen": So will München häusliche Gewalt verhindern

Mehr Frauenhäuser, Aufklärung und eine bessere medizinische Versorgung sind in München geplant.
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In München kam es laut der Polizei-Statistik 2020 zu sechs vollendeten Tötungen im Bereich "häusliche Gewalt". (Symbolbild)
In München kam es laut der Polizei-Statistik 2020 zu sechs vollendeten Tötungen im Bereich "häusliche Gewalt". (Symbolbild) © imago images/Bernd Günther

München - Mehr als 3.000 Menschen haben in München im Jahr 2020 Gewalt in ihrem eigenen Zuhause erfahren. Sechs von ihnen überlebten das nicht. So geht es aus einer Statistik der Polizei München hervor. In 80 Prozent aller Fälle waren die Täter Männer - und meist entweder der aktuelle oder der Ex-Partner der Frau.

Stadtrat verabschiedet Aktionsplan mit Maßnahmen

Um etwas gegen diese Gewalt zu unternehmen, wird der Stadtrat am Donnerstag im Sozialausschuss einen Aktionsplan verabschieden. Am Montag stellte die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) diesen vor. Aus ihrer Sicht ist es der wichtigste "gleichstellungspolitische Beschluss", den der Stadtrat in diesem Jahr fassen wird. Denn er enthalte 30 "ganz konkrete Maßnahmen", die die Stadt in den nächsten drei Jahren umsetzen will.

Zum Beispiel wird die Stadt einen Platz nach Opfern von Femiziden benennen. So heißt die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. In ganz Deutschland wurden laut Bundeskriminalamt 300 Frauen von ihrem Partner getötet. In München kam es laut der Polizei-Statistik zu sechs vollendeten Tötungen im Bereich "häusliche Gewalt". Ein Name oder ein Ort, der an diese Menschen erinnern soll, steht allerdings noch nicht fest.

Außerdem schafft die Stadt zwei neue Frauenhäuser. In einem sollen psychisch erkrankte Frauen und in dem anderen Frauen mit einer Sucht unterkommen. Bis jetzt gibt es für beide Gruppen gar kein Angebot in München, schildert Sibylle Stotz, die ein Frauenhaus in München leitet.

Katrin Habenschaden (Grüne) stellte den Aktionsplan gegen häusliche Gewalt vor. (Archivbild)
Katrin Habenschaden (Grüne) stellte den Aktionsplan gegen häusliche Gewalt vor. (Archivbild) © picture alliance/dpa

Den Bau der beiden neuen Häuser mit maximal 48 Plätzen hat der Stadtrat bereits Ende des vergangenen Jahres beschlossen. Doch laut Bürgermeisterin Habenschaden ist die Suche nach einem Standort eine Herausforderung.

München erfüllt internationales Abkommen bisher nicht 

Momentan gibt es in München 78 Frauenhaus-Plätze. Diese hat die Stadt seit 2008 nicht ausgebaut. Zwar sagt Stotz, dass es momentan möglich sei, alle Frauen, die Schutz suchen, "gerade so unterzubringen". Doch tatsächlich erfüllt die Stadt europäische Richtlinien nicht. Denn laut der Istanbul-Konvention, einem internationalem Abkommen, das Frauen vor Gewalt schützen soll, müsste München eigentlich 156 Plätze bereitstellen.

Die Angst vor Corona und die Angst, die Wohnung aufgeben zu müssen und keine neue zu finden, habe jedoch viele abgeschreckt, in einem Frauenhaus Schutz zu suchen, sagt Stotz.

Außerdem setzt die Stadt mit dem Aktionsplan darauf, Gewalt zu verhindern. Helfen soll dabei eine große Kampagne, um die Menschen zu sensibilisieren. Ziel ist, Betroffenen aufzuzeigen, wo sie Hilfe bekommen.

Dunkelziffer bei Vergewaltigungen laut Polizei groß

Auch im Bereich der digitalen Gewalt will die Stadt handeln. Denn sowohl die Fälle von Cyber-Mobbing als auch von Kinderpornografie seien während Corona massiv gestiegen, schildert Stotz. Sogar Kinder würden sich als "Mutprobe" immer noch "krassere Videos" hin- und her schicken, erzählt sie.

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Gleichzeitig wüssten auch viele erwachsene Frauen nicht, dass der Partner über das Smartphone herausfinden kann, wo sie sich befinden und wie sie das verhindern können. Hier müsse die Beratung ausgebaut werden, sagt Stotz.

Ein weiteres großes Ziel des Aktionsplans ist, die akute medizinische Versorgung von Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, zu verbessern. Laut dem Sicherheitsreport der Polizei werden in München etwa 300 Vergewaltigungen im Jahr registriert. Allerdings sei die Dunkelziffer groß, heißt es in dem Aktionsplan. Kriminalstudien zufolge werden nur zwischen sechs und 15 Prozent aller Sexualdelikte angezeigt. Auch Hilfe nehmen momentan viele nicht in Anspruch.

Einheitliche Standards im Umgang mit Opfern gibt es bisher nicht

Viele Ärzte und Pfleger seien allerdings unsicher, wie sie mit Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, umgehen sollen, steht in dem Aktionsplan. Einheitliche Standards gebe es in Münchner Praxen und Kliniken nicht. In den nächsten drei Jahren soll sich das ändern.

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9 Kommentare
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  • eule75 am 15.03.2022 10:01 Uhr / Bewertung:

    Weltfremde, z.T. sinnlose Maßnahmen.

  • Der wahre tscharlie am 15.03.2022 15:05 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von eule75

    Kann man das nicht eher von deinem Kommentar sagen?

    Zitat: "Mehr als 3.000 Menschen haben in München im Jahr 2020 Gewalt in ihrem eigenen Zuhause erfahren. Sechs von ihnen überlebten das nicht."

    Und das ist NICHT weltfremd!

  • eule75 am 15.03.2022 19:41 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Es kommt auf die Maßnahmen an, Hauptsache Sie haben wieder etwas dagegengesetzt.

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