Fußball-Sicherheit: Gar kein Stadion-Bier mehr in München?
München – Die Polizei ist begeistert. Mit der Lage rund ums Grünwalder Stadion sei man "sehr zufrieden", betont der Vertreter der Giesinger Polizeiinspektion. Einschränkungen? "Es kommt höchstens vor, dass die Tram mal fünf Minuten warten muss."
Die Sätze fielen auf einer Giesinger Bürgerversammlung. Keine fünf Monate ist das her. Fünf Monate, in denen wegen Corona kaum noch Fußball vor Fans stattfand. Und doch klingt die Polizei nun gar nicht mehr begeistert.
In einer Vorlage für den heutigen Kreisverwaltungsausschuss hat sie die Lage rund um den Fußball in Giesing – und in Fröttmaning – dargelegt. Und beklagt viele Probleme. Die Polizei wünscht sich, dass per se alle Spiele der Bayern und der Löwen als sogenannte "Risikospiele" definiert werden. Bisher ist das nur bei einzelnen vor der Saison festgelegten Spielen der Fall, etwa beim Derby in Giesing, wenn Rostock zu Gast ist oder der BVB in die Arena kommt. Doch gelegentlich, so die Polizei, werden Spiele kurzfristig brisant. Und so kurzfristig könne man nicht reagieren, weil die Veröffentlichung auf der städtischen Webseite nicht mehr möglich sei. Deshalb jetzt: alles Risikospiele!
Risikospiele bedeuten starke Einschränkungen für Fans
Dann gelten bestimmte Betretungsverbote, Glasflaschen dürfen schon im Umfeld des Stadions nicht mehr mitgeführt werden, pyrotechnische Gegenstände oder Taschenmesser sind schon dort ausdrücklich verboten. In Giesing, wo viele Fans noch Stunden nach dem Spiel feiern, soll die Dauer der Verbote außerdem ausgeweitet werden: auf drei Stunden nach Schlusspfiff (bisher zwei).
Die Polizei begründet die Notwendigkeit mit mehreren Zwischenfällen, etwa einem Rauchtopf in Giesing 2017 oder fünf Messern, die bei einem Spiel in der Arena bei den Einlasskontrollen gefunden wurden. Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) übernahm die Argumentation komplett – und holte keine weitere Meinung ein, etwa vom sozialpädagogischen Fanprojekt oder den örtlichen Bezirksausschüssen.
Die Fans gehen auf die Barrikaden
Unter Fans sorgen die Pläne für Unruhe. Die Ultra-Gruppe "Schickeria" des FC Bayern teilte mit, es werde "ein realitätsfremdes Bild von den Spieltagen vermittelt, um die Notwendigkeit von Verschärfungen zu suggerieren". Es sei "zu hinterfragen, welche Aussagekraft es hat, ein einziges Spiel herauszustellen, eine Fallzahl von fünf gefährlichen Gegenständen, die in anderem Kontext gewöhnliche Alltagsgegenstände sind, ist auf 75.000 Zuschauer gesehen marginal".
Auch die "Löwenfans gegen Rechts" äußerten sich irritiert. Sie verweisen darauf, dass schon heute – ohne weitere neue Befugnisse – alle strafrechtlich relevanten Verstöße durch die Polizei verfolgt werden können. Dafür würden nun Kleinigkeiten verboten – etwa das Durchreichen von nicht genutzten Eintrittskarten durch den Stadionzaun an Bekannte, die zu spät dran sind. Außerdem kritisieren die Löwen wie auch die "Schickeria", dass Böhle das Äußern von "linksextremen Parolen" im Stadion-umfeld verbieten will.
Im Stadtrat gibt es Zweifel an der Verhältnismäßigkeit
Die grün-rote Koalition reagiert und will den Beschluss nun vertagen. "Wir wollen eine gute Lösung für alle finden", sagte die neue SPD-Bürgermeisterin Verena Dietl im Gespräch mit der AZ. Sie sei "überrascht" von dieser Vorlage gewesen. Nun sei es wichtig, mit allen Beteiligten zu sprechen. Ähnlich äußerte sich Münchens Grünen-Chef Dominik Krause. "Wir sehen noch Beratungsbedarf und wollen vor allem mit den Fanvertretungen sprechen", sagte er der AZ.
Klingt alles, als komme die verschärfte Verordnung doch nicht. Das könnte eine gute Nachricht für alle sein, die einfach nur gerne in der Halbzeit mal ein Helles holen. Denn bei Risikospielen wird üblicherweise auch im Stadion kein "echtes" Bier verkauft. Doch wie es ausschaut, bleiben die ja nun doch die Ausnahme.
Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema: Beim Deal bleiben