Für faire Mieten: Das Volksbegehren Mietenstopp startet

München - Bayerns Mieter brauchen eine Atempause. Ein breites Bündnis hat das Volksbegehren "Mietenstopp" auf den Weg gebracht. Seit Mittwoch liegen die Unterschriftenlisten aus.
Mindestens 25.000 Unterschriften müssen zusammenkommen, damit das Begehren im Innenministerium behandelt werden muss. "Es handelt sich hier nicht um die Idee einiger verschrobener Mieter", sagt Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins München, der das Volksbegehren initiiert hat. Vielmehr würden eine Vielzahl von Parteien, Sozialverbänden und Mieterinitiativen aber auch einzelne Firmen die Forderungen unterstützen.
Konkret sieht der Gesetzentwurf für 162 bayerische Städte und Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten ein Verbot von Mieterhöhungen bei laufenden Verträgen für sechs Jahre vor. Damit wären zwei Mieterhöhungszyklen ausgeschlossen und die Menschen, die bereits eine Wohnung hätten, bekämen eine Atempause, sagt die Vorsitzende der Bayern-SPD, Natascha Kohnen. Um den Wohnungsbau im Freistaat in den Griff zu bekommen, "brauchen wir die sechs Jahre". Bei Staffel- und Indexverträgen würden die Mieten ebenfalls eingefroren. Würde das Gesetz nach sechs Jahren nicht verlängert, würde es auslaufen.
Verstöße gegen Gesetz mit Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet
Ausgenommen von der Regelung wären Mieten in Neubauten, die nach dem 1. Januar 2017 bezogen wurden. Bei Wiedervermietungen soll maximal die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt werden dürfen. Damit Vermieter, die eine sozialverträgliche Miete verlangen, einen finanziellen Spielraum haben, sind für sie Mieterhöhungen bis 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich.
Da es sich um ein Verbotsgesetz handelt, werden, sollte der Entwurf in seiner jetzigen Form als Gesetz verabschiedet werden, Verstöße mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 geahndet. Und auch zu viel bezahlte Miete müsste der Vermieter demnach von Beginn des Mietverhältnisses an zurückbezahlen. Nach Angaben des Münchner Mietervereins könnten bayernweit mehrere Millionen Haushalte von dem Mietenstopp betroffen sein. "Alleine in München müssten es 80 Prozent der Wohnungen sein, die auf dem freien Markt verfügbar sind", sagt Roland Fischer, stellvertretender Vorsitzender der Münchner SPD.
Mietendeckel: Bundeskabinett am Mittwoch neue Beschlüsse gefasst
Bereits vor Beginn der Unterschriftenaktion hatte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich im AZ-Interview Kritik an dem Vorhaben geäußert. "Ein Landesgesetz, das die Mieten für Wohnungen auf dem freien Markt für sechs Jahre einfriert, ist verfassungswidrig", sagte er. Das sehen die Initiatoren des Entwurfs anders. Sie beziehen sich mit dem Gesetzesentwurf auf das Verwaltungsrecht und nicht auf das Mietrecht. "Und hier gibt es schlicht und einfach auch eine Gesetzgebungskompetenz des Landes Bayern", sagt Beatrix Zurek.
Mehrere Gutachter hätten den Entwurf überprüft und die Verfassungsmäßigkeit bestätigt, sagt SPD-Mann Fischer. Dennoch sei auch auf Bundesebene noch einiges zu tun. So berichtet etwa der Berliner Mieterverein von kurzfristig erhöhten Mieten, nachdem der dortige Senat einen Mietendeckel für das Bundesland angekündigt hatte. Ein entsprechendes Gesetz fehlt in Berlin allerdings noch – weil der Senat mangels Personal in seiner jüngsten Sitzung nicht beschlussfähig war.
Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, dass die Mietpreisbremse bis 2025 gilt. Außerdem sollen Mieter zuviel gezahlte Miete auch rückwirkend für bis zu zweieinhalb Jahre zurückbekommen. Auch Mieter, die sich nach einer Modernisierung die Miete nicht mehr leisten können, dürfen vom Vermieter nicht einfach auf eine kleinere Wohnung verwiesen werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschieden.
Unterschriften für Volksbegehren: Wie man mitmachen kann
Verfassungsrechtler sind in der Debatte um die Mietendeckel uneins. Neben der Gesetzgebungskompetenz der Länder sehen einige darin die Eigentumsrechte der Vermieter eingeschränkt. So auch die Münchner OB-Kandidatin Kristina Frank (CSU): "Deswegen teile ich zwar das Ziel des Begehrens im Grundsatz, den Weg dorthin lehne ich klar ab." Im Gegensatz zum Berliner Deckel sieht das Münchner Modell weder eine Mietpreissenkung noch eine Enteignung vor. Die Unterschriftenlisten für das Volksbegehren Mietenstopp liegen in den bayerischen Mietervereinen (in München in der Sonnenstraße 10, Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr, Freitag 8 Uhr bis 14 Uhr) sowie bei den Bündnispartnern aus. Online können die Listen unter www.mietenstopp.de angefordert werden.
Unterschreiben darf jeder, der in Bayern wahlberechtigt ist, einen deutschen Pass besitzt, mindestens 18 Jahre alt ist und seit mindestens drei Jahren seinen Hauptwohnsitz im Freistaat hat.
Die gesammelten Unterschriften sollen zu Beginn des Jahres 2020 an das Innenministerium übergeben werden.
Lesen Sie hier: AZ Kommentar - Volksbegehren Mietstopp: Allerhöchste Zeit