Fünffacher Mordversuch mit Auto: Täter vor Gericht

München - Sie hörte den Motor des Autos aufheulen und schaute dem Mann am Steuer ins Gesicht, erkannte ihren damaligen Lebensgefährten. "Seine Augen waren rot", erinnert sich Nadine H. (23, Name geändert) beim Prozessauftakt am Donnerstag vor dem Landgericht München II. Dann erinnert sie sich nur noch wie sie drei Meter in die Luft geschleudert wurde. Und an die Schreie ihrer kleinen Tochter (1).
Abtreibung als Tatmotiv
So schildert die Verkäuferin den Moment, als ihr damaliger Freund den silbernen VW Golf auf den Pöckinger Gehweg lenkt, um Nadine H. und ihre vier Begleiter umzufahren. Grund: Er hatte erfahren, dass Nadine H. wenige Stunden zuvor eine Abtreibung gemacht hatte. Ohne ihm etwas davon zu sagen.

Sein Anwalt Matthias Trepesch erklärt im Namen seines Mandanten, dass diesen "Hass, Wut, Zorn, aber auch Hilflosigkeit und Trauer" wegen der Abtreibung überkommen hätten. Eine Spontantat in einem Moment des psychischen Ausnahmezustandes, erklärt der zweite Verteidiger Peter Pospisil das Verhalten seines Mandanten.
Er kann keine Mordmerkmale erkennen, weder Heimtücke noch niedrige Beweggründe. Zumal dem Mann noch während der Tat plötzlich Zweifel und ein schlechtes Gewissen gekommen sein sollen und er eine Vollbremsung hinlegte. Die aber nicht ausreichte, um die Kollision mit den Menschen auf dem Gehweg zu vermeiden. Die fünf Verletzten mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Die vier Erwachsenen wurden leicht bis mittelschwer verletzt, die kleine Tochter erlitt einen Schock.
Auch Andreas G. landete im Krankenhaus. Er soll versucht haben, Selbstmord zu begehen, erklärt Verteidiger Trepesch. Deshalb habe er nach der Tat den Golf auf einer Landstraße gegen einen Baum gelenkt.

Der Kraftfahrer überlebte und muss sich nun nicht nur wegen fünffachen Mordversuchs verantworten. Staatsanwalt Matthias Braumandl klagt ihn auch wegen gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Sachbeschädigung und Fahrerflucht an
23-jähriges Opfer leidet heute noch
Die Beziehung war bereits vor der Tat problematisch, schildert das Opfer. Sie habe sich "in die Enge getrieben" gefühlt. Ihr Ex-Freund sei sehr eifersüchtig gewesen, habe sie oft zum Sex gedrängt. Das wurde ihr zu viel.
Die 23-Jährige leidet seit der Tat unter zwanzigprozentigem Hörverlust auf einer Seite, ist in psychologischer Behandlung und bekommt noch Physiotherapie. Sie wünscht sich eine harte Strafe für ihren Ex-Freund.
Dieser sagt zu Beginn der Verhandlung nur zwei Sätze: "Es tut mir wirklich leid. Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es tun."