Fuchsbandwurm in München: Wie schützt man sich?
München - Waldspaziergänge machen und dabei wilde Erdbeeren und Heidelbeeren pflücken, mhmm. Allerdings gilt noch immer, was schon die Großeltern als Warnung mitgegeben haben: Keine Beeren in den Mund, die bodennah hängen! Dort lauern nämlich – wenn es schlecht läuft – die Eier des Fuchsbandwurms, die Füchse mit dem Kot ausscheiden. Und wenn die über die ungewaschenen Beeren Magen und Darm erreichen, dann kann das tödlich enden.
Der nur drei bis vier Millimeter große Mini-Parasit (Echinococcus multilocularis) richtet im menschlichen Körper lebensgefährliche Schäden an. Weil er sich in der Leber festsetzt und dort über Jahre tumorartige Wucherungen bildet, die die Leber zerstören. Manchmal greift er sogar Lunge, Herz oder das Gehirn an. Druckgefühl und Schmerzen im Bauch merkt man oft erst nach zehn und mehr Jahren. Dann ist es für eine Behandlung oft zu spät.
München: Jeder vierte Fuchs mit Fuchsbandwurm befallen
Im Rathaus hat dieses Thema immer wieder Debatten ausgelöst. Wäre es nicht sinnvoll, die schätzungsweise 3.000 bis 4.000 Füchse im Münchner Stadtgebiet – die zahlreicher werden und den Menschen immer näher kommen – flächendeckend zu entwurmen? Zuletzt 2015 hat die Rathaus-CSU eine flächendeckende Entwurmungsaktion zum Schutz der Münchner beantragt. Im vergangenen Herbst schließlich ist ein 130.000 Euro teures Gutachten fertig geworden, das der Stadtrat bei der TU München in Auftrag gegeben hat, und das klären sollte, wie viele Füchse tatsächlich befallen und wie groß in der Folge das Risiko für die Menschen ist.
Fazit des Papiers, das nun am Dienstag dem Stadtrat vorgelegt wird: Jeder vierte Fuchs, der während der Jagdjahre 2017 und 2018 im Stadtgebiet untersucht wurde, war mit dem Fuchsbandwurm befallen. Das ist zweieinhalb Mal mehr als die Untere Jagdbehörde erwartet hatte.
Zwar liege diese Menge im bayerischen Durchschnitt, erklären die Forscher in dem Papier. Weil aber im Münchner Stadtgebiet die Einwohnerdichte und die Fuchsdichte viel höher sind als in Rest-Bayern, sei die Wahrscheinlichkeit für Münchner "100 Mal höher, mit infektiösem Fuchskot in Kontakt zu kommen". Eine Entwurmung mit Fraßködern sei also anzuraten.
Corona-Krise zwingt die Stadt zum Sparen
Der Münchner Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) empfiehlt dem Stadtrat trotzdem, auf eine Entwurmungsaktion zu verzichten. Erstens würde eine solche Maßnahme jedes Jahr "mehrere Hunderttausend Euro" kosten. Zweitens merkt das städtische Veterinäramt an, dass es aktuell gar kein Fuchsentwurmungsmittel gebe, das arzneimittelrechtlich zugelassen ist. Und selbst wenn: Es könnten sich Füchse und andere Tiere an dem Mittel vergiften, wenn sie eine Überdosis erwischten. Umgekehrt könnten sich bei einer Unterdosierung Resistenzen entwickeln. Und falls Wildschweine versehentlich solche Fraßköder fressen, wäre deren Fleisch als Lebensmittel für Menschen nicht mehr geeignet.
Als viel gefährlicher für den Menschen sehen die Veterinäre ohnehin frei laufende Haustiere wie Hunde oder Katzen an, die nicht regelmäßig entwurmt werden. Die können sich wie Füchse den Fuchsbandwurm einfangen, indem sie infizierte Mäuse fressen oder sich in Erde wälzen, in der Fuchskot liegt. Dann tragen sie die Eier womöglich im Fell in die Häuser von Menschen. Mäuse sind Fuchsbandwurm-Zwischenwirte, sie nehmen die Eier aus dem Fuchskot mit der Nahrung auf.
Fuchsbandwurm: Münchner sollen aufpassen
Die Rathaus-CSU will das Thema am Montag nochmal in der Fraktion diskutieren. "Wir waren überzeugt", sagt Stadträtin Evelyne Menges, "dass eine große Entwurmungsaktion der richtige Weg sein könnte, um flächendeckende Sicherheit herzustellen. Auch wenn nur wenige Münchner im Jahr erkranken, jedes Leben zählt."
Nun zwinge die Corona-Krise die Stadt aber zum Sparen. Menges: "Wir werden das Geld für andere Maßnahmen brauchen." Bleibt für Beeren-, Schwammerlsammler und Gemüsegartler nur: Bitte aufpassen – und sich selber schützen.
Fuchsbandwurm: So schützen Sie sich
Was tun, um einer Erkrankung mit einer Echinokokkose vorzubeugen? Das Robert-Koch-Institut (RKI) und die Ärztezeitung empfehlen:
- Bodennah wachsende Nahrungsmittel aus Gärten und Plantagen (wie Erdbeeren, Salat, Gemüse) gründlich waschen. Das gilt auch für Fallobst, das man von Streuobstwiesen aufklaubt.
- Um Gemüsegärten herum fuchssichere Zäune anbringen.
- Braten, backen und einkochen: Nur Erhitzen über 60 Grad vernichtet die Erreger. Was keinen Schutz gewährt: Früchte in Alkohol einlegen oder tiefgefrieren.
- Nach Arbeiten in Garten, Feld oder Wald Hände waschen (und Schuhe nicht ins Haus bringen).
- Beim Mähen oder Heuen in der Landwirtschaft, wenn Staub aufgewirbelt wird, möglichst einen Atemschutz tragen.
- Hunde und Katzen alle sechs Wochen entwurmen.
- Mäuse nicht anfassen. Sie sind Zwischenwirte des Fuchsbandwurms.
München: Bis zu zwei Erkrankte pro Jahr
Der Kleine Fuchsbandwurm lebt im Dünndarm von Fleischfressern. Vor allem beim Rotfuchs und Wolf, die sich die Bandwürmer etwa einfangen, indem sie infizierte Nagetiere wie Mäuse fressen. Für Füchse, die die Eier über den Kot ausscheiden, ist das unproblematisch. Nimmt aber ein Mensch Bandwurm-Eier auf (weil er etwa Beeren isst, die mit getrocknetem Fuchskot eingestaubt sind oder weil er Tierfell berührt, in dem Eier haften – und die Eier dann über die Hände in den Mund geraten), kann eine "Humane alveoläre Echinokokkose" (AE) entstehen: Im Darm geschlüpfte Larven wandern in die Leber, die schwammartig zerstört wird. Wird die Krankheit spät erkannt und behandelt, führt sie zum Tod.
In Deutschland ist die Alveoläre Echinokokkose meldepflichtig. 2018 sind dem Robert-Koch-Institut (RKI) 56 Fuchsbandwurm-Erkrankungsfälle gemeldet worden – vor allem in Süddeutschland. Die Betroffenen sind im Schnitt rund 50 Jahre alt, häufig trifft es Landwirte, Waldarbeiter, Jäger oder Hundehalter. Wie sie sich angesteckt haben, ist schwer festzustellen, weil zwischen Infektion und Diagnose bis zu 15 Jahre vergehen.
In München werden laut Gesundheitsreferat jedes Jahr null bis zwei Fälle gemeldet. Im "Epidemiologischen Bulletin" des RKI heißt es, dass aber jenseits der Meldungen "von einer deutlichen Dunkelziffer auszugehen" sei.
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