Fristversäumnis droht: 113 Millionen Verlust für München?

Millionenschwere Schlampereien in ihrem Haus bringen Brigitte Meier in Verruf. Im Stadtrat wird ihre Wiederwahl deshalb verschoben. Ob sich die Sozialreferentin davon noch einmal erholt?
von  Florian Zick
Im großen Sitzungssaal im Rathaus sollte am Mittwoch eigentlich über neue Referenten abgestimmt werden. Daraus wird nun aber nichts - vorerst.
Im großen Sitzungssaal im Rathaus sollte am Mittwoch eigentlich über neue Referenten abgestimmt werden. Daraus wird nun aber nichts - vorerst. © dpa

München - Eigentlich war im Rathaus am Mittwoch die große Referentenwahl geplant. Sechs Stadtminister sollten neu ernannt oder zumindest in ihrem Amt bestätigt werden. Doch daraus wurde nichts. Die Stadtspitze ließ die Wahl gestern kurzfristig platzen. Der Grund: Wegen millionenschweren Schlampereien in ihrem Haus ist Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) im Stadtrat derzeit nicht durchsetzbar.

Noch am Dienstagabend kam im Rathaus eine spontan einberufene Elefantenrunde zusammen. Neben dem OB nahmen daran auch die Fraktionschefs von SPD und CSU teil. Und wie man hört, muss es dort ganz ordentlich zugegangen sein.

Die CSU soll angekündigt haben, Meier durchfallen zu lassen, sollte die Wahl stattfinden. Worauf die SPD androhte, ihrerseits dem designierten Personalreferenten Alexander Dietrich (CSU) die Zustimmung zu verweigern.

 

Abstimmung verschoben, Referentin wackelt

 

Dazu muss man wissen: Im Kooperationsvertrag der Großen Koalition ist eigentlich minuziös festgeschrieben, welche Partei welchen Posten besetzen darf. Es gehört zu den politischen Vertrauensregeln, den Kandidaten des jeweils anderen stillschweigend mitzutragen – auch wenn er einem womöglich nicht in den Kram passt. Als letzten Ausweg aus dieser verfahrenen Situation ordnete Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) deshalb eine Verlegung der Wahl an.

Die Abstimmung soll nun in vier Wochen steigen. Ob Meier bis dahin den verlorenen Rückhalt aber zurückgewinnen kann, ist fraglich. Zu schwer wiegen die Vorwürfe.

In ihrem Referat sind offenbar zahlreiche Anträge liegengeblieben, mit denen sich die Stadt von der Regierung von Oberbayern die Kosten für die Versorgung von minderjährigen Flüchtlingen zurückholen wollte. Diese Ansprüche drohen nun zu verjähren.

 

"Das ist ein klarer Fall von Management-Versagen"

 

"Das ist ein klarer Fall von Management-Versagen", sagte Grünen-Chefin Gülseren Demirel am Mittwoch im Stadtrat. Bevor die Angelegenheit nicht restlos aufgeklärt sei, brauche man an eine Wiederwahl gar nicht erst denken.

Brigitte Meier indes beobachtete die Sitzung mit weitgehend versteinerter Miene. Da half es auch nichts, dass OB Reiter ihr nach zuletzt recht kritischen Aussagen wieder leicht den Rücken stärkte. Man müsse die Leistung von Meier in der Gesamtschau betrachten, sagte der Rathaus-Chef – bedauerte aber auch, dass Meier die Affäre bislang nicht aufklären konnte.

Man arbeite unter Hochdruck daran, die offenen Fälle fristgerecht abzurechnen, versicherte Meier unterdessen. Als Grund für die Verzögerung nannte Meier den Ansturm von Schutzsuchenden in den vergangenen Monaten. Das Sozialreferat stoße an seine personellen Grenzen. Das Referat begründete den Rückstau auch mit dem überaus komplizierten Abrechnungsverfahren.

 

Es geht um 113 Millionen Euro

 

Nach derzeitigem Stand sind noch Ansprüche in Höhe von rund 113,4 Millionen Euro offen. Das Sozialreferat geht jedoch davon aus, dass der Großteil fristgerecht abgerechnet werden kann. Man habe noch bis Ende des Jahres Zeit.

Außerdem sei die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge enorm gestiegen. Darauf sei das System nicht ausgelegt gewesen. Nun habe man das Verwaltungsverfahren aber angepasst, sagte ein Sprecher.

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