Frischer Wind aus Polen: Bald geht der neue SWM-Windpark ans Netz

Anfang 2021 geht ein großer Windpark der Stadtwerke in Osteuropa ans Netz. Warum das für die Energiewende nötig ist und welche Kritik es daran gibt.
von  Christina Hertel
Farbenprächtig leuchten Wolken am Morgenhimmel kurz vor Sonnenaufgang über einem Windpark. (Symbolbild)
Farbenprächtig leuchten Wolken am Morgenhimmel kurz vor Sonnenaufgang über einem Windpark. (Symbolbild) © Patrick Pleul/ZB/dpa

München - Seit Ende 2020 dreht sich im Norden Münchens ein neues Windrad: Der Turm ist 80 Meter hoch, die Rotorblätter sind 69 Meter lang, 2.800 Haushalte können damit mit Strom versorgt werden, verkündeten die Münchner Stadtwerke (SWM) in einer Pressemitteilung.

Strom für 170.000 Haushalte

Die viel größeren Energieprojekte spielen sich aber Hunderte Kilometer von München entfernt ab. In der Nordsee und vor der Küste Irlands, in Frankreich, Norwegen und Schweden sind die SWM an Windparks beteiligt. Anfang dieses Jahres geht ein neuer Windpark in Polen ans Netz. Er kann Strom für 170.000 Haushalte liefern. Das sind 60 Mal so viele, wie das eine neue Windrad im Norden Münchens produziert.

Die SWM kann nicht nur auf lokale Windräder setzen

Bis 2025 wollen die Stadtwerke so viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen, wie ganz München verbraucht. Doch dieses Ziel könnten die SWM nie erreichen, wenn sie nur auf Windräder vor Ort setzen würden. Derzeit stammt 80 Prozent des Münchner Strombedarfs aus erneuerbaren Energien. Doch nur etwa sechs Prozent des Strombedarfs stammt aus Ökostromanlagen innerhalb der Stadt. Das geht aus einer Analyse des Hamburg Instituts hervor, das Kommunen bei ihrer Energiepolitik berät.

Die Klimaziele sind so nicht erreichbar

"Zwar finden wir die europaweiten Projekte in erneuerbare Energien gut", sagt Grünen-Stadtrat Dominik Krause. "Doch wir brauchen auch eine Energiewende hier vor Ort." Grüne und SPD stellten deshalb den Antrag, dass bis 2035 35 Prozent der erneuerbaren Energien vor Ort erzeugt werden sollen. Allerdings soll dieses Ziel überprüft werden. Dass die Stadtwerke weitere Windparks aufbauen wollen, etwa in Großbritannien, ist laut dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Manuel Pretzl daher sinnvoll: "Alleine rund um München können wir die Klimaziele niemals erreichen."

Die FDP sieht den Kurs kritisch

Doch es gibt auch Kritik andem Kurs der Stadtwerke. Aus Sicht des ehemaligen FDP-Stadtrat Michael Mattar ist es nicht richtig, dass sich die Stadtwerke, ein kommunales Unternehmen, in dem Steuergeld steckt, wie ein "Global Player" verhält und sich an "Spekulationsgeschäften" beteilige. Schließlich seien die Strom- und Gaspreise Schwankungen unterworfen.

Wie ökologisch agiert die SWM tatsächlich?

Deutlich wurde das 2020: Im April während des Lockdowns verbrauchten laut SWM vor allem Geschäftskunden weniger Strom. Der Absatz brach um über 20 Prozent ein. Ende 2020 lag der Verbrauch bei den Geschäftskunden bei ungefähr zehn Prozent unter denen des Vorjahres. Die SWM hat für 2020 daher keine Gewinnausschüttung angekündigt. Auch darüber, wie ökologisch die SWM tatsächlich agieren, gibt es Zweifel. Umweltaktivisten kritisieren seit langem, dass sich die Stadtwerke am Öl- und Gasgeschäft in Nordeuropa beteiligen. Gemeinsam mit einem britischen Konzern gründeten die SWM das Unternehmen Spirit Energy, das in der Nordsee Bohrinseln betreibt. Derzeit halten die Stadtwerke 31 Prozent der Anteile.

Probebohrungen in der Arktis stehen ebenfalls in der Kritik

Ende 2020 hatten Grüne und SPD den Antrag gestellt, dass die Stadtwerke aus diesem Geschäft aussteigen. Bis zu welchem Zeitpunkt dies allerdings geschehen muss - dazu machten sie damals keine Angaben. Linke und ÖDP forderten jedoch, dass spätestens bis Ende 2021 Schluss ein soll. Dass selbst das zu spät sein könnte, befürchtet Umweltschützer Horst Wawrzyn, der sich in München bei den Parents for Future engagiert. Er weist darauf hin, dass Spirit Energy noch dieses Frühjahr über Probebohrungen in der Arktis, einer ökologisch hochempfindlichen Zone, entscheiden muss.

Ob die Münchner Stadtwerke diese Probebohrungen verhindern können, ist unklar. Sie würden sich als "Minderheitsgesellschafter" dafür einsetzen, das Engagement zu beenden, schreibt die Pressestelle. Doch man möchte nicht "vorgreifen". Schließlich seien auch andere Unternehmen beteiligt.

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