Freisings Landrat wusste es seit Jahren
21 Kontrollen hat es bei Müller-Brot gegeben. Michael Schwaiger (FW) erfuhr das - und schwieg. Er wollte die 1000 Arbeitsplätze nicht gefährden
Freising - „Mei, hinterher ist man immer schlauer“, sagt Michael Schwaiger. Als Landrat von Freising wurde er von der Kontrollbehörde über die Kontrollen bei Müller-Brot regelmäßig informiert. Seit 2009. Aber unternommen hat der Freie Wähler erst jetzt etwas.
Seit dem 9. Juli 2009 waren die Kontrolleure insgesamt 21 Mal im Müller-Werk in Neufahrn. „Über die Kontrollen der Spezialeinheit wird die Regierung immer informiert“, teilte das Landratsamt Freising gestern mit. Nachdem es 2009 zu „mittelgradigen“ und „geringgradigen“ Mängeln gekommen war, stellten die Fachleute im März 2010 erstmals „gravierende Mängel“ fest.
„Aufgrund der Verhältnismäßigkeit war die Frage nicht geboten, die Öffentlichkeit darüber zu informieren“, sagte Schwaiger gestern. Er hatte abzuwägen: Setzt er 1000 Arbeitsplätze aufs Spiel – oder macht er Mäusekot und Schaben im Werk publik?
Schwaiger entschied sich für die Arbeitsplätze. „Müller-Brot ist ein sehr wichtiger Arbeitgeber für die Region“, sagt er, „und am Anfang waren die Mängel nicht gesundheitsgefährdend.“
Doch ob wirklich alle Keime an der Ware abgetötet wurden, ist fraglich. Zwar werden Erreger beim Backen zerstört, allerdings berichten Verkäuferinnen (siehe oben), dass Mäuse an fertiges Brot kamen – und so auch Krankheiten wie Salmonellen oder Hanta-Viren übertragen konnten.
In sechs Fällen war Landrat Schwaiger darüber informiert, dass Brot von Müller vernichtet wurde: Teig, Toastbrot, tiefgefrorene Teiglinge. Sein Einkaufsverhalten habe das nicht beeinflusst: „Ich habe sicher danach noch eine Müller-Breze gegessen.“
Kritik kann er verstehen. „Es ist nachvollziehbar, dass man diskutiert, ob wir die Öffentlichkeit früher hätten informieren sollen.“
Sein Wunsch: Müller soll bald produzieren. „Ich hoffe, dass das Unternehmen sich ein Stück weit besinnt und die Voraussetzungen schafft, um wieder produzieren zu können und ein Vertrauen zu den Kunden aufbaut.“ Müller habe eine zweite Chance verdient. „Alles andere wäre absolut bedauerlich.“
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