Frauen sind machtlos

Während bei den Grünen noch eine Kandidatin möglich scheint, haben sich die anderen großen Parteien bereits auf einen Mann festgelegt. Wie bei jeder Wahl seit 1946.
von  Julia Lenders
Sie ist die letzte Frau mit Kandidatur-
Chancen: Sabine Nallinger.
Sie ist die letzte Frau mit Kandidatur- Chancen: Sabine Nallinger.

München - Christine Haderthauer wäre gerne Finanzministerin geworden – durchgesetzt hat sich ein Mann. Brigitte Meier wäre gerne OB-Kandidatin für die SPD geworden – durchgesetzt hat sich ein Mann. Theresa Schopper wäre gerne OB-Kandidatin der Grünen geworden – jetzt hat sie ihre Bewerbung zurückgezogen, weil ihr Mann Kommunalreferent werden möchte (AZ berichtete).
Niemand will behaupten, dass in diesen drei Fällen die Geschlechterfrage eine Rolle spielte. Trotzdem passen sie ins Gesamtbild.
Und das sieht so aus: Frauen sind in der Politik in München und darüber hinaus unterrepräsentiert. Es gab hier noch nie eine Oberbürgermeisterin. Den drei Referentinnen, die ein Stadtministerium leiten (konkret: Bau, Planung und Soziales) sollen künftig acht männliche Kollegen gegenüberstehen – falls Boris Schwartz sich als Kommunalreferent durchsetzt.
Ausgewogener ist das Verhältnis bei den ehrenamtlichen Stadträten: Da sind 31 von insgesamt 78 Mitgliedern Frauen. Das entspricht fast 40 Prozent. Nur kurz zur Einordnung dieser Zahlen: Mehr als 51 Prozent der gesamten Münchner Stadtbevölkerung sind weiblich.

Das alles wissen auch die Grünen.
Deshalb ist das Frauenthema für sie jetzt ein ganz entscheidendes. SPD und CSU werden bei der Kommunalwahl 2014 bekanntlich wieder einen Mann als OB-Kandidat ins Rennen schicken. Die FDP legt sich noch nicht fest, aber Fraktionschef Michael Mattar wäre wohl nicht abgeneigt.
Das würde bedeuten: Die Grünen könnten die einzigen sein, die eine Frau nominieren. Der parteiinterne Wettstreit läuft. Nachdem Theresa Schopper ihre Bewerbung zurückgezogen hat, sind noch drei Interessenten übrig. Bürgermeister Hep Monatzeder, Stadträtin Sabine Nallinger und der Ex-Stadtvorsitzende Nikolaus Hoenning. Letzterem werden jedoch kaum Chancen eingeräumt.
Bleiben also Platzhirsch Monatzeder, 60, der vor allem mit einem Pfund wuchern kann: seinem hohen Bekanntheitsgrad. Und die ehrgeizige Durchstarterin Nallinger, 47, die den Münchnern noch weitgehend unbekannt ist.

Hat sie Chancen? Und wie groß ist der reine Frauen-Bonus? „Bei einigen in der Partei wird es bestimmt eine Rolle spielen, dass die anderen nur Männer aufstellen“, meint die Münchner Grünen-Chefin Katharina Schulze.
Zumal bei den Grünen bald alle drei Ämter, die sie in der Stadt zu vergeben haben, in Männerhand sein könnten. Das schon genannte Kommunalreferat ( für das sie bundesweit vergeblich nach einer Frau Ausschau gehalten hatten), das Gesundheitsreferat und der Bürgermeisterposten.
Doch es ist nicht nur das. Manche halten Hep Monatzeder, seit 15 Jahren im Amt, inzwischen für zu saturiert – so wird hinter vorgehaltener Hand gelästert. Sie wünschen sich frischen Wind. Zumal die Grünen in den vergangenen drei Jahren mehr als 36 Prozent an Neumitgliedern gewonnen haben, denen das alte Partei-Establishment eher wurscht sein dürfte.
Auch der Rückzug von Theresa Schopper hat Nallingers Chancen verbessert. „Rein mathematisch, von der Wahrscheinlichkeitsrechnung her“, wie die Herausforderin es selbst ausdrückt.
Auf der anderen Seite würden die Grünen ihr erfahrenes Schlachtross Monatzeder offen düpieren, wenn sie ihn nicht zum Kandidaten machen. Schließlich ist er nach OB Ude Münchens bekanntester und beliebtester Politiker. Und er will 2014 unbedingt nochmal ran.
Wer wird sich in dem Wettstreit also durchsetzen?

Selbst Insider scheuen Prognosen. Weil sie wissen: Die Grünen sind immer für eine Überraschung gut. Allerdings meinen sie auch: Theresa Schopper hätte sich wohl leichter gegen Hep Monatzeder durchsetzen können als ihre Kollegin. Nicht zuletzt, weil sie ihr politisches Gewicht als grüne Landeschefin in die Waagschale hätte werfen können.
Egal wer 2014 bei den Grünen auf dem Wahlzettel steht: Als Quotenfrau mag Sabine Nallinger nicht wahrgenommen werden. „Ich bin nicht angetreten, weil ich eine Frau bin. Sondern weil ich’s kann. Weil ich kompetent bin und Ideen für die Zukunft habe.“

Sie wäre nicht die erste Frau, die für die Grünen bei einer OB-Wahl antritt. Aber die erste, seit die Grünen wirklich etwas holen könnten. Im Jahr 1990 hatte Sabine Csampai als grüne Spitzenkandidatin vier Prozent verbucht. SPD und CSU haben dagegen noch nie eine Frau ins Rennen geschickt.

Zum Schluss noch ein Blick auf die Statistik. Die spricht dagegen, dass eine Frau in der Nach-Ude-Ära den Rathaus-Thron erklimmt. In Deutschland gibt es 80 Großstädte mit mehr als 100000 Einwohnern. Die AZ hat nachgezählt und kam auf zehn Frauen, die in den Rathäusern regieren. Plus Lübeck, wo es eine gemischte Doppelspitze gibt.

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