Franz Kafka und der Post-Rock

Gregor Samsa aus Virginia stellen ihr aktuelles Album „REST“ im Orangehouse vor.
Gregor Samsa heißt Kafkas Hauptfigur in „Die Verwandlung“. Der Handlungsreisende erwacht eines Morgens, um sich zum Käfer mutiert zu finden. Aus der Irrealität der Alptraumsituation ist kein Entkommen. Samsa vegetiert in der Gestalt des Fremden bis zu seinem Ende. Gregor Samsa ist auch der Name einer Band aus Virginia, gegründet 2000.
Natürlich ist es meistens falsch, den Namen einer Gruppe interpretieren zu wollen, aber als (zugegeben) riskanter Vergleich verhält sich ihre Musik zur gängigen Pop-Szene wie der Riesenkäfer zur Gesellschaft. Sie hat eine einsame, verschlossene Würde, ein Wesen, das mit einer Kategorisierung wie Post-Rock nur unzureichend beschrieben ist. Anders als der Käfer aber ist Gregor Samsa eine Band der ständigen Verwandlung. Über 30 Mitglieder hat sie seit ihrer Entstehung kommen und gehen sehen.
„REST“ heißt das aktuelle Album der Amerikaner. Die Stücke darauf sind Gemälde in Pastellfarben, die sich, wie bei „Ain Leuh“, über die Orchestrierung zu einer mehrstimmigen Mantra-Gesangslinie aufschwingen – um am Ende in hallenden Akkorden den Song aushauchen zu lassen.
Diese Gruppe hat Zeit, aber nicht im Sinne postmoderner Zeitlosigkeit, sondern weil es, durchaus fatalistisch, keine Rolle mehr spielt, wo man sich auf der Zeitleiste befindet. „Ich bin verdammt, wenn ich gehe, verdammt, wenn ich bleibe“, heißt es in „Jeroen Van Aken“ – einem Song dessen Titel auf den Geburtsnamen von Hieronymus Bosch verweist. Nein, das Leise ist nicht das Hauptziel dieser Band, sondern die Schaffung von großzügigen Klangbühnen auf denen zwischen Hölle und Paradies gespielt werden darf.
chj
Orangehouse (Feierwerk), Hansastraße 39 – 41, Freitag, 20 Uhr, Eintritt: 12 Euro, www.feierwerk.de