Franz Josef Strauß: Geschichten aus dem Wienerwald

Strauß hat einen illustren Freundeskreis – reiche Unternehmer, zwielichtige Staatschefs. Und dann kommt es zu Zwischenfällen: Er wird von Prostituierten ausgeraubt – und hält eine Rede in München, die Wellen schlägt.
Karl Stankiewitz |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Schwarze Rivalen: Franz Josef Strauß und Helmut Kohl im September 1976 in München.
dpa Schwarze Rivalen: Franz Josef Strauß und Helmut Kohl im September 1976 in München.

Strauß hatte viele Freunde. Er hatte freilich auch falsche Freunde, darunter etliche Parteifreunde (wie zum Beispiel seinen Stellvertreter im Parteivorsitz, Franz Heubl, den er per Dossier verfolgte). Und er hatte beste Freunde.

Letztere, gern Spezln genannt, zeichneten sich auch dadurch aus, dass sie großzügige Gastfreundschaft boten. So einer war der „Hendlkönig“, Wienerwald-Chef Friedrich Jahn.

Für ihn als Wirt war sein „bester Freund“, wie er nach seiner spektakulären Pleite erzählte, schon deshalb „interessant, weil er gut und viel essen und trinken mochte“. Davon abgesehen, waren der Oberösterreicher und der Oberbayer durch zwei legendäre Ereignisse miteinander verbunden.

Lesen Sie hier: Franz Josef Strauß: Sein schwieriges Verhältnis zu den Medien

Am Times Square, im Herzen New Yorks, eröffnete Jahn 1971 die erste von später 863 Brathuhn-Stationen in den USA. Mit dabei war der Bundesverteidigungsminister, der ohnehin öfter mit amerikanischen Rüstungsbetrieben zu tun hatte. Nach der Feier kam man gegen 1 Uhr zurück ins Plaza Hotel.

Strauß wollte dann noch spazieren, allein, trotz Warnung. Prompt wurde er im Central Park von zwei farbigen Prostituierte überfallen und ausgeraubt.

„Schwarze rauben Schwarzen aus“, zitiert Jahn eine Schlagzeile in seinen Erinnerungen „Vom Oberkellner zum Millionär – und zurück“. Fröhliche Geselligkeit pflegte der Gründer des Wienerwald-Imperiums, der nebenbei ein heute noch existierendes Reiseunternehmen und eine Ferienfliegerflotte schuf, auch in seinem Hauptquartier im Münchner Westend.

Lesen Sie hier: Franz Josef Strauß: Hochzeit, Häme und Affären

Unten im Heurigenstüberl waren nicht nur Politiker, sondern oft auch wir Journalisten gerngesehene Gäste, wobei uns immer der Zitherspieler Anton Karas mit seiner Dritter-Mann-Melodie unterhielt.

Oben im Schulungsraum traf sich am 24. November 1976 der Landesausschuss der Jungen Union – ohne Öffentlichkeit. Es gab belegte Platten und neuen Wein, den man in Österreich „Sturm“ nennt. Die Zeichen standen auf Sturm.

Fünf Tage zuvor hatte die CSU in der Klausur von Wildbad Kreuth der CDU mit dem Ende der Fraktionsgemeinschaft und einer bundesweiten Ausbreitung gedroht. Und zwei Tage zuvor hatte die CDU-Führung unter dem Oppositionsführer Helmut Kohl mit der Drohung eines Landesverbandes in Bayern gekontert.

Strauß, der Kanzler werden wollte, geriet in eine Zwickmühle sowie außer sich. In einer dreistündigen Rede machte er seinen potenziellen Rivalen nieder: „Total unfähig. Ihm fehlen die charakterlichen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen.“ Für ihn stand fest: „Der Helmut Kohl wird nie Kanzler.“ Auch die übrigen CDU-Größen waren für den CSU-Führer nichts als „politische Pygmäen“, „Zwerge im Westentaschenformat“ oder auch „Reclam-Ausgaben von Politikern“.

Dummerweise hat ein bis heute unbekannter Teilnehmer die feurigen Worte des Großen Vorsitzenden, die als „Wienerwald-Rede“ in die Annalen eingingen, in 45 Minuten Länge mit einem Kassettenrekorder heimlich mitgeschnitten und sowohl dem „Spiegel“ zugespielt, der fünf Tage später ausführlich zitierte, als auch dem südbayerischen SPD-Vorstandsmitglied Jürgen Heckel, der alles auf Tonband kopierte und verbreitete.

Dessen Anwalt Christian Ude konnte 1982 nicht mehr verhindern, dass Strauß, der zwei Jahre zuvor als Kanzlerkandidat gescheitert war, die letzten 500 dieser Dokumente beschlagnahmen ließ. Einer der besten Strauß-Freunde war auch der Münchner Kaufmann H.. Dieser diente ehrenhalber als Generalkonsul dem pakistanischen Staatspräsidenten Mohammed Zia-ul-Haq, welcher sein Land elf Jahre lang, mehrmals unter Kriegsrecht, als einer der engsten Verbündeten der USA regierte.

Sein Mann in München besaß das Althäusl, einen hochherrschaftlichen, sehr einsam gelegenen Hof hoch über Kiefersfelden. Dort trafen sich bisweilen hohe Politiker des Landes Bayern, voran Franz Josef Strauß, der auch mit dem Staats- und Armeechef selbst in Karachi herzlichen Umgang pflegte.

Bei den oberbayerischen Geselligkeiten musste die Polizei den ganzen Berg jeweils hermetisch absperren, was den CSU-Bürgermeister des Grenzortes noch lange grämte. Blockiert waren dann der Zugang zum ältesten Bergbauerngehöft Bayerns und sogar das Brücklein zur gern bewanderten Schopperalm. Weiträumig war jeglicher Verkehr unterbunden.

Einmal rammte einer der hohen Gäste dabei das Auto des Großindustriellen Wilhelm Sachs, der ebenfalls ein Anwesen in dieser Gegend besaß. Auch in der übrigen Zeit des Jahres war das alpine Geheim-Reduit des prominentesten bayerischen Politikers stets von Pakistani und von scharfen Hunden bewacht.

Übrigens kamen sowohl der Generalkonsul wie auch sein Präsident bei mysteriösen Flugzeugabstürzen ums Leben.

Morgen lesen Sie: Strauß und seine Freunde – Schwarzer mit Sepplhut

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.