Franz Josef Strauß: Der Krach um die Kunst

Als Franz Josef Strauß Ministerpräsident wird, kommt es zum Konflikt (nicht nur) mit der Avantgarde. FJS hat damit ohnehin eher wenig im Sinn. Er will lieber Bleibendes schaffen: Immobilien.
Karl Stankiewitz |
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„Kunst war für meinen Vater kein großes Thema“. Dieses Bild war Teil der Ausstellung im Stadtmuseum, die auch Strauß’ Sohn Max besucht hat.
„Die Rettung kommt aus den bayerischen Bergen“ heißt das Fotomontageplakat von Ernst Volland (Farboffsetdruck, 1974).
Ernst Volland/AZ „Kunst war für meinen Vater kein großes Thema“. Dieses Bild war Teil der Ausstellung im Stadtmuseum, die auch Strauß’ Sohn Max besucht hat. „Die Rettung kommt aus den bayerischen Bergen“ heißt das Fotomontageplakat von Ernst Volland (Farboffsetdruck, 1974).

München - Sollen die Bildenden Künste in Bayern jetzt an die Kandare genommen werden? So fragte man sich in München seit dem Regierungsantritt von Franz Josef Strauß im November 1978.

Denn deutlich mehrten sich die Zeichen dafür, dass der tatsächlichen oder vermeintlichen Übermacht avantgardistischer, angeblich „linker“ Tendenzen in der Kunstproduktion, in der Kunstpädagogik und der Kunstkritik von staatlicher Seite her kräftig gegengesteuert werden sollte.

Mit einer zornigen Attacke auf die „Anti-Künstler, die sich der permanenten Revolution verschrieben haben“, hatte der Generaldirektor der Staatlichen Gemäldesammlungen, Professor Erich Steingräber, die Kampagne eingeläutet.

„Die Diktatur einer Kleingruppe von Ideologen“

Kritisiert wegen seiner Ankaufspolitik sah sich der oberste bayerische Kunstbeamte zu einer grundsätzlichen Polemik gegen „diese Eiferer“ provoziert. Diese hätten nie gelernt, „das Heute an den Dimensionen der Geschichte zu messen“. Es handle sich um Künstler, die am Aufbau einer linken Gesellschaft mitwirkten, die sogar Hand in Hand mit politischen Anarchisten gegen die bestehende Ordnung kämpften.

Das überraschende Verdikt entsprach offensichtlich ganz der kulturpolitischen Grundhaltung des neuen Staatschefs. Strauß meinte, in Sachen Kunst vor einer „als Kollektivinteresse getarnten Diktatur einer Kleingruppe von Ideologen“ warnen zu müssen. Dieser Ministerpräsident habe ein Verständnis von Kunst offenbart, ja zur „verinnerlichten Richtlinie“ gemacht, das dem Menschen die heile Welt vorspiegle, rügte Ursula Redepenning, eine stets aufmerksame Abgeordnete der FDP.

Lesen Sie hier: Franz Josef Strauß - Seine besten Sprüche

Gegen die plötzliche Pauschalverdammung alles Progressiven verwahrten sich in offenen Briefen und Leserzuschriften zahlreiche Künstler, Museumsdirektoren, Politiker sowie der Galerieverein München, der es sich zur Aufgabe gesetzt hatte, Zeitgenössisches für die von Steingräber selbst geleitete Staatsgalerie Moderner Kunst zu sammeln und zu fördern.

Doch der Kunstgeneral steckte keineswegs zurück, sondern erweiterte im „Münchner Merkur“ seinen Frontalangriff auf die „schlagkräftige internationale Allianz von Künstlern, Kritikern, Ausstellungsmachern und dem allmächtigen Commerz mit avantgardistischem Alleinvertretungsanspruch in der Kunstszene“.

Die neue Kunstpolitik wurde noch deutlicher, als die Staatsregierung den Hilfsreferenten Bernhard Weißhaar, der zuletzt in der Schulaufsicht für Kunsterziehung, Musik und Sport zuständig war, entgegen den Vorschlägen der Professoren auf einen frei gewordenen Lehrstuhl an der Münchner Kunstakademie berief.

Lesen Sie hier: Franz Josef Strauß - "Es lebe die Radiaktivität"

Präsident und Senat der Akademie erklärten daraufhin ihren Rücktritt, weil sie die Hochschulautonomie gravierend verletzt sahen. Die Studenten streikten. Der Deutsche Künstlerbund protestierte. Strauß aber verteidigte massiv den einsamen Beschluss seines Kultusministers Hans Maier, mit dem er sich später doch nicht mehr verstand.

„Mein Vater wollte sich lieber baulich verwirklichen“

„Kunst war für meinen Vater kein großes Thema, er fühlte sich der Wiederaufbaugeneration zugehörig und wollte sich lieber baulich verwirklichen.“ So Maximilian Strauß bei einer erstaunlich lockeren Führung durch die Ausstellung „Franz Josef Strauß – Die Macht der Bilder“, die anhand von Fotografien, Plakaten, Zeitschriften und Filmdokumenten die mediale Darstellung des verstorbenen Jubilars dokumentierte (sie fand bis 2. August im Stadtmuseum statt).

Baulich verwirklichen konnte sich Strauß vor allem am Ostrand des Münchner Hofgartens. Zwar hatte dort schon sein Vorgänger Alfons Goppel eine neue Staatskanzlei geplant. Aber unter dem neuen Staatsbaumeister gewann das Projekt dann gewaltige Dimensionen.

Lesen Sie hier: Strauß - "Bei uns herrschen Offenheit und Liberalität"

Er sei ja kein ägyptischer Pharao, der eine Pyramide zu seiner eigenen Ehre und zum Ruhm der Nachwelt errichten wolle, er könnte auch in einer Baracke arbeiten, gab sich Strauß bescheiden. Langsam werde es aber doch Zeit für eine „anständige Unterkunft“, schraubte sein Kanzleichef Stoiber die Ansprüche höher.

So sollte nun nicht nur die vom Krieg übrig gelassene Kuppel des alten Armeemuseums durch Neubauten flankiert werden, sondern auch noch durch zwei 300 Meter lange Flügel flankiert werden. Er sei nicht bereit, die „Komödie der Irrungen“ fortzusetzen, beschied Franz Josef Strauß im Mai 1987, alle Einwände und Proteste definitiv zurückweisend.

Wenngleich sein Nachfolger Max Streibl die teuren Flügel doch wieder stutzte – der „bayerische Kreml“, der „Palazzo Prozzo“, das „Strauß-Mausoleum“ blieb das Monument der baukünstlerischen Vorstellungen eines bayerischen Staatsmannes.

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