Flugtaxis in München? "Eine Frage der Zeit"

Mit Airbus will Bayern das weltweite Rennen um den kommerziellen Kurzflug gewinnen. Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre erwartet man bereits einen Durchbruch.
von  Hüseyin Ince
Ein Flugtaxi von Airbus. (Archivbild)
Ein Flugtaxi von Airbus. (Archivbild) © dpa/Armin Weigel

München - Ein neues elektrisches Luftfahrzeug, Start-up-Flair, Dutzende Anglizismen der Luftfahrt, ein Online-Panel, digitale Übertragung: Es fühlt sich am Mittwochvormittag so an, als ob gleich Elektro-Guru Elon Musk um die Ecke biegen würde, im Büro von Airbus Urban Mobility an der Münchner Prannerstraße.

Doch Musk hat nichts zu tun mit der "Air Mobility Initiative" (AMI): also mit den fliegenden Taxis der Zukunft aus Bayern. Ein Projekt, das mehrere Unternehmen und Unterstützer wahr werden lassen wollen - und zwar in nur wenigen Jahren.

Bei der Auftaktveranstaltung der AMI zeigt sich ein Zusammenschluss von Airbus Urban Mobility und anderen Unternehmen. Auch der Ingolstädter Politiker Reinhard Brandl (Bundestagsabgeordneter, CSU) sowie der Wirtschaftsreferent von Ingolstadt, Georg Rosenfeld, sind große Fürsprecher der Initiative.

Flugtaxi: Ein Millionenprojekt

Brandl ist der Pressetermin so wichtig, dass er sich aus der Corona-Isolation per Bildschirm hinzuschalten lässt, um von seiner Begeisterung für das Millionen-Projekt zu erzählen. Er ist ein Unterstützer der ersten Stunde. "Als wir vor vier Jahren die ersten Gespräche in Ingolstadt geführt haben, wurden wir teils belächelt", erzählt Brandl, "jetzt lacht niemand mehr." Flugtaxis seien die Mobilität der Zukunft. "Nur noch eine Frage der Zeit", sagt Brandl.

Die AMI-Beteiligten scheinen in kommerziellen Flugtaxis enormes Potenzial zu sehen - wahrscheinlich auch ein hohes Potenzial für Gewinne. Einige Teilnehmer des Online-Panels vergleichen das Ganze mit der Erfindung des Automobils. Ein Umstand sei sehr ähnlich wie damals, vor etwa 140 bis 150 Jahren: "Man kann keinen bestimmten Zeitpunkt nennen, ab dem es das Automobil gegeben hat", heißt es während der kurzen Podiumsdiskussion. Ein schleichender Prozess sei es eher gewesen. So sei das auch bei Flugtaxis.

Seit Jahren tüfteln Ingenieure daran, Taxis fliegen zu lassen - bisher mit einem Erfolg, der beim Prototyp endete, oft mit elektrischem Antrieb. Es ist eine Vision, die schon in Science-Fiction-Filmen vorkam, wie in "Das fünfte Element" aus dem Jahr 1997. Doch ein Hirngespinst ist das heute nicht mehr. Studien zufolge könnten bereits 2025 erste kleinere Routen mit Flugtaxis geflogen werden.

"Hundert Projekte weltweit beteiligen sich am Wettlauf um kommerzielle Flugtaxis", sagt der Bundestagsabgeordnete Brandl. Man finde diese Wettbewerber in Asien, Amerika und natürlich in Europa. Und mit Airbus als flugtechnologisch weltweitem Spitzenreiter wolle man diesen Wettlauf gewinnen: elektrische Flugtaxis, made in Bayern, sozusagen.

217 Start-ups wollen in Manching testen

Die AMI wird ein wichtiges Standbein in Ingolstadt haben. "Warum in Ingolstadt, werden sich einige fragen", sagt Franz Glatz bei der Präsentation. Er ist der Geschäftsführer von Brigkair, einer der beteiligten Firmen. Und die Antwort auf die Frage sei einfach: "Airbus ist hier in Manching, es gibt ein Flugfeld sowie einen Flugraum - ein optimales Spielfeld. 217 Start-ups wollen hier testen", sagt Glatz.

Und sogenannte Spielfelder sind natürlich ideal zum Ausprobieren. "Wir haben bereits viel getestet", sagt Andreas Thellmann von Airbus. Er ist der Leiter der AMI.

Die ersten Modelle von elektrischen Fluggeräten seien für sogenannte Schwebeflüge ideal gewesen. "Die späteren Modelle eigneten sich für längere Strecken", sagt Thellmann. Und das neueste Modell, die Entwicklung "City Airbus Next Gen" (siehe Foto) sei eben eine gute Mischung aus beidem.

Ralf Gaffal, Geschäftsführer der ebenfalls beteiligten Flughafen München Int., hebt noch die Wichtigkeit der Bodeninfrastruktur hervor. Schließlich brauche man mindestens zwei sogenannte Vertiports für Kurzstreckenflüge.

Wie runde Sockel sehen die Start- und Landeflächen auf einer Visualisierung aus, von denen der "Airbus Next Gen" senkrecht eines Tages abheben und wieder ankommen könnte. Auch Hubschrauber könnten augenscheinlich auf solchen Sockeln notfalls bestimmt landen.

Vier Passagiere haben in dem Airbus-Prototyp mit acht Propellern Platz. Reichweite: 80 Kilometer. Anfangs werde sicher ein Pilot so ein Flugtaxi steuern. Das Ziel sei aber der autonome Flug ohne Pilot.

AMI wird auch vom Freistaat mit 17 Millionen Euro gefördert. Der Bund steuert 24 Millionen dazu. Mit den Mitteln der Industrie sei das Projekt etwa 86 Millionen Euro wert. Seit Januar habe man die Projektarbeiten beschleunigt.

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